Mit einer Fördersumme von 5,5 Millionen Euro wird das Projekt Via Culturalis in Köln erneut vom Bund gefördert. Wer häufiger zwischen Kölner Dom und Gürzenichstraße unterwegs ist, hat sie bestimmt schon gesehen: die auffällig bunten Bauzäune, die mit vielen Fotos und Texten Wissenswertes über die Via Culturalis vermitteln. Doch was genau verbirgt sich eigentlich hinter all diesen städtischen Bauprojekten?
Es gibt keine andere Millionenstadt im deutschsprachigen Raum, die auf eine derart lange Geschichte zurückblicken kann wie Köln. Vor allem die Zeit der Römer zeigt sich an vielen Orten allein in der Kölner Innenstadt. Sei es das Römisch-Germanische Museum, das römische Praetorium, eine Stadt unter der Stadt, auf die lediglich ein paar wenige oberirdische Mauern hinweisen, oder die römische Treppe an der U-Bahn-Haltestelle Heumarkt vor dem Kirchturm der ehemaligen Pfarrkirche Klein St. Martin.
Als Nord-Süd-Achse liegt die Via Culturalis zwischen der stark gastronomisch geprägten Altstadt und den Konsumstraßen Hohe Straße und Schildergasse. Diesem Teil der Kölner Innenstadt wurde bisher nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet, was sich nun ändern soll. Aktuell wird der Kulturpfad zum zweiten Mal vom Bundesministerium für Wohnen, Stadtplanung und Bauwesen mit seinem Programm “Nationale Projekte des Städtebaus 2018/2019” gefördert. Die Gesamtkosten belaufen sich dabei auf rund 8,3 Millionen Euro, von denen die Stadt Köln einen Eigenanteil von 2,8 Millionen Euro bezahlt.
Alleinstellungsmerkmal für Köln
“Die Via Culturalis ist ein zentrales Projekt des Masterplans von Albert Speer. Dass der Bund die Maßnahme als Premiumprojekt auszeichnet und weitere 5,5 Mio. Euro zur Verfügung stellt, zeigt die hervorgehobene Bedeutung dieses Stadtraums auch über die Stadtgrenzen hinaus”, betont Markus Greitemann, Beigeordneter für Planen und Bauen.
Und auch Stadtplanungsamtsleiterin Eva Herr sieht in dem Projekt ein Alleinstellungsmerkmal für Köln: “Die Via Culturalis ist – anders etwa als die Museumsinsel in Berlin – ein sich stetig weiterentwickelnder und vielfältig genutzter Stadtraum, den die Zeugnisse der 2.000-jährigen Historie Kölns so einzigartig machen. Sie ist auch eine große Baustelle und wird das über viele Jahre noch bleiben.” Denn allein der Förderzeitraum läuft noch bis 2024. Ob bis dahin alle aktuell geplanten Maßnahmen vollständig umgesetzt werden konnten, wird die Zeit zeigen.
Via Culturalis: Vom Kunstwort zum Schlagwort
Der Begriff ist übrigens ein Kunstwort, das von dem ehemaligen Kölner Star-Architekten Oswald Mathias Ungers geprägt wurde. Er legte ein Konzept für eine potenzielle Via Culturalis vor. Lange wurde der Begriff im Fachdiskurs hin- und hergedreht, aber erst mit einem Förderprogramm des Bundes gab es die Möglichkeit dazu, eine entsprechende Kommunikation und Sichtbarkeit zu erschaffen.
Nach einer europaweiten Ausschreibung entschied sich die Stadt Köln dafür, das Urban Media Project damit zu beauftragen. Eine Kommunikationsagentur aus Offenbach am Main, die sich seit 2017 etwa um das Logo, den Internetauftritt, Werbemittel, Mailings, die Gestaltung der Bauzäune, die Social-Media-Kanäle bei Facebook und Instagram oder auch um Stadtführungen kümmert. Eben um alles, was die Via Culturalis raus aus den Aktenordnern der Stadtverwaltung und rein ins Leben der Kölner Bürger und Touristen holt.
“Es ist total wichtig, dass die Via Culturalis mehr Öffentlichkeit und mehr Sichtbarkeit erhält, denn es ist meines Erachtens eines der spannendsten innerstädtischen Projekte überhaupt”, sagt Oliver Kremershof, der agenturseitige Projektleiter. “Wir sind seit 2017 mit dabei und machen das mit viel Begeisterung!”
Während vor der Zuhilfenahme der Kommunikationsagentur Google nahezu nichts mit diesem Fachbegriff anzufangen wusste, erhält man inzwischen etwa 19.500 Ergebnisse – die meisten davon beziehen sich tatsächlich auf das Kölner Kulturprojekt. Schon jetzt, inmitten seines Entstehungsprozesses.
Mit kostenloser App vom Kölner Dom bis St. Maria im Kapitol
Greif- und erlebbar wird die Via Culturalis vor allem durch die von Urban Media Project entwickelte App. 31 Audiodateien mit begleitenden schriftlichen Kurztexten leiten den interessierten Nutzer vom Kölner Dom bis zu Sankt Maria im Kapitol. Die ausschließlich von Experten eingesprochenen Texte vermitteln spannende Hintergrundinformationen über die sonst lediglich betrachteten Standorte entlang des Kulturpfades.
Besonders spannend wird dies, wenn man an Orten landet, an denen man ansonsten vorbeigelaufen wäre. Wie etwa dem Laurenzgitterplätzchen oder den Skulpturen von Ewald Mataré in der Ruine von Sankt Alban. In der App können sowohl die Audiodateien einzeln angewählt werden als auch eine Stadtkarte aufgerufen werden, in der die einzelnen Standorte eingezeichnet sind. Zoomt man heran, kann man sie anwählen und sich wahlweise direkt via Google Maps dorthin navigieren lassen oder sich die Audio- oder Textdatei zu Gemüte führen.
Zu manchen Standorten gibt es eine Datei, zu anderen mehrere. Beispielsweise, wenn es sich dabei um besonders geschichtsträchtige Orte wie den Alter Markt und das Rathaus oder die Gegend rund um das Walraff-Richartz-Museum, Sankt Alban, Farina und das geplante jüdische Museum MiQua handelt.
Status quo der Via Culturalis
Zu den ersten sichtbaren Erfolgen des Projektes zählt der Kurt-Hackenberg-Platz, der bereits im Frühjahr 2018 feierlich fertiggestellt wurde. Der Platz wurde nach einem ehemaligen Kulturdezernenten der Stadt benannt, welcher während seiner 24-jährigen Amtszeit u. a. das Römisch-Germanische Museum entstehen ließ und an Plänen für die Philharmonie sowie das Museum Ludwig mitwirkte. Der offen gestaltete Platz wirkt wie eine umgekehrte Allee für Fußgänger. Zwischen zwei kubistisch anmutenden aneinandergereihten einander gegenüberliegenden Sitzmöglichkeiten sorgen grüne Bäume in der Mitte des Platzes für innerstädtische Naherholung.
Aktuell gestaltet die Stadt mit einem Gesamtvolumen von 5.835.766 Euro die Gürzenichstraße um und für den Bau der Freitreppe an St. Maria am Kapitol in Höhe von 1.984.243 Euro fand im März der Spatenstich statt. “Die Freitreppe an St. Maria im Kapitol ist der nächste, bedeutende Baustein für die Via Culturalis. Das Kulturquartier gewinnt hiermit an seinem südlichen Auftakt eine neue Qualität im öffentlichen Raum – mit spannendem Blick auf die romanische Kirche und zum nördlichen Pendant, dem Kölner Dom. Alle Kölner*innen und Gäste der Stadt erwartet eine neue Perspektive auf diese besonderen 800 Meter und die über 2.000 Jahre Stadtgeschichte, die unsere Kulturachse ausmachen”, ist sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker sicher.
Da die Via Culturalis Teil des öffentlichen Raums ist und die App für jeden kostenlos herunterladbar ist, kann sie individuell erlebt werden. Wer nur kurz in der Stadt ist, kann einen kleinen Abstecher machen und sich einige Standorte ansehen, wer mehr Zeit hat, läuft den Kulturpfad mitsamt all seinen Audiodateien in einem etwa zwei- bis dreistündigen Spaziergang in Ruhe ab. Und wenn jemand richtig tief in die Stadtgeschichte abtauchen will, besucht er gleich noch die auf dem Weg liegenden Museen und macht einen Tagesausflug daraus.