Der Kölner Stadtverwaltung ist es gelungen Ute Berg den Kielern abzuwerben. Die 57-Jährige, verheiratet, zwei Kinder und vier Enkel, bezeichnet sich selbst als temperamentvoll, engagiert und konsequent. Im Gespräch mit CityNEWS erfahren wir noch andere Eigenschaften: zielstrebig, pragmatisch, humorvoll und perfekt organisiert. Ute Berg war zunächst als Lehrerin für Deutsch und Englisch tätig. Mit 41 wechselte sie als SPD-Ratsmitglied der Stadt Paderborn in die Politik. Acht Jahre später ging sie als Bundestagsabgeordnete nach Berlin als Mitglied im Wissenschaftsausschuss und zuletzt als wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Da auch ihr Mann, Dr. Hermann Berg, schon immer an verschiedenen Standorten beruflich tätig war, ist die Familie an Improvisation gewöhnt.
CityNEWS: Frau Berg, im Bundestag waren sie zuletzt wirtschaftspolitische Sprecherin, im letzten Jahr Wirtschaftsdezernentin in Kiel und jetzt Chefin des Kölner Wirtschaftsdezernats. Im Lehramtsstudium standen Wirtschaftswissenschaften wahrscheinlich nicht auf dem Lehrplan.
Ute Berg: Das stimmt, aber man kann eine Person nicht auf die Ausbildung, die sie mit 21 Jahren gemacht hat, reduzieren. Ich habe mir im Laufe der Jahre ein profundes Wirtschaftswissen angeeignet. Vielleicht profunder als das ein theoretisches Studium vermitteln kann.
CityNEWS: Sie waren nur ein knappes Jahr in Kiel …
Ute Berg: Ich bin in Kiel von einer Unternehmensberatung im Auftrag der Kölner angerufen worden. Das kam für mich völlig überraschend.
CityNEWS: … und haben sich trotz Kölner Klüngel, Skandalen, leeren Kassen etc. für unsere Stadt entschieden. Was macht Köln interessanter als Kiel?
Ute Berg: Ehrlich gesagt, dieses von Ihnen dargestellte Negativ-Image habe ich nicht mit Köln verbunden. Köln hat mich als Millionenstadt mit unglaublichem Potential gereizt. Was mich fasziniert sind 80.000 Studierende, der Medienstandort mit WDR und RTL, die Bedeutung von Handel und Messe und die liberale kölsche Lebensart. Ich bin hier über alle Parteigrenzen hinweg mit offenen Armen empfangen worden. Das hat mir die Eingewöhnung leicht gemacht hat.
CityNEWS: Vom Vorgänger, Dr. Norbert Walter-Borjans, haben Sie einige Baustellen mit Dauerbrenner-Status übernommen. Auch wenn Sie erst drei Monate im Amt sind, was tut sich in punkto Messe-City?
Ute Berg: Wir haben mit Strabag und ECE Investoren gefunden. Momentan sind wir in konkreten Verhandlungen mir der Bahn, um das Gelände so vorzubereiten, dass 2012 mit dem Bau begonnen werden kann. Ich bin überzeugt, dass die Messe-City zu einem Leuchtturm für Deutz und Köln werden wird.
CityNEWS: Was tut sich in punkto Umnutzung des Deutzer Hafens?
Ute Berg: Derzeit wird ein Konzept vom Amt für Stadtentwicklung erstellt. Das Hafenprojekt ist wichtig – nicht nur für die Wirtschaft der Stadt. Aber es gibt neben Aspekten der Wirtschaft und der Stadtentwicklung auch rechtliche Vorgaben zu berücksichtigen wie bspw. den Hochwasserschutz.
CityNEWS: Was tut sich in punkto Erweiterung des Godorfer Hafens?
Ute Berg: Aufgrund der unterschiedlichen Positionen in der roten und grünen Fraktion versucht man jetzt mit Hilfe der Bevölkerung weiter zu kommen. Es wird im Juli eine Einwohnerbefragung geben. Der Rat der Stadt Köln wird sich das Ergebnis zu Eigen machen, wenn sich in der Befragung eine Mehrheit ergibt, die mindestens 10 Prozent der Teilnahmeberechtigten beträgt.
CityNEWS: Berlin verkauft sich mit “arm aber sexy” als Markenzeichen. In Köln hätte man auch gern so einen flotten Slogan. Wozu braucht man als Stadt ein Markenzeichen?
Ute Berg: Der Markenbildungsprozess wurde in ganz vielen Städten Deutschlands in Angriff genommen und teilweise bereits abgeschlossen. In Kiel habe ich ebenfalls ein Marken-Profil eingestielt. Die Stadt als Marke nimmt im Zuge des Wettbewerbs der Metropolen einen wichtigen Stellenwert ein. Deshalb müssen wir auch für Köln daran arbeiten. Wofür steht Köln? Was macht Köln einzigartig, was ist der Unique Selling Proposition?
CityNEWS: Haben Sie eine Idee?
Ute Berg: Köln ist für mich ein faszinierender Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort. Das wird zu wenig nach außen transportiert. Die anderen Facetten sind natürlich der Dom, Rhein und Karneval. Wichtig sind aber auch die weichen Faktoren wie Weltoffenheit und Toleranz. Ich will nichts vorwegnehmen. Aber das sind alles Aspekte, die man berücksichtigen muss. Am Ende muss man dann auf einen Markenkern verdichten.
CityNEWS: Gibt es neue Vorstellungen, wie die Markenbildung angepackt werden soll?
Ute Berg: Ja. Wir wollen den Prozess stärker strukturieren und uns auch Profis an die Seite holen, die Erfahrung in Markenbildungsprozessen bei anderen Städten gesammelt haben. Ich bin ganz sicher, dass wir am Ende ein Ergebnis haben, mit dem wir die Marke Köln auch wirklich transportieren können. Wir werden damit nicht alle glücklich machen, aber möglichst viele in das Boot mit reinnehmen.
Ute Berg: “Ich versuche die positiven Seiten nach vorne zu stellen”
CityNEWS: Was sind Ihre eigenen Pläne für den Wirtschaftsstandort Köln? Oder ist die Frage noch zu früh gestellt?
Ute Berg: Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, dass ich in so kurzer Zeit alles besser weiß als andere, die sich seit Jahren damit beschäftigen. Wichtig finde ich vor allem, auch von städtischer Seite die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen. Das würde ich gern in Angriff nehmen. Ein Projekt, das mir ebenfalls sehr wichtig ist, ist die Erhaltung des Musicalstandorts Köln. Dazu haben wir eine Vorlage für den Stadtrat erarbeitet, in der wir das Staatenhaus als neuen Standort vorschlagen. Ich bin mir im Klaren, dass so etwas nicht ohne Interessenskonflikte über die Bühne geht. Aber ich bin entschlossen, alles zu tun, um Köln als Musicalstadt zu erhalten.
CityNEWS: Sie haben offensichtlich auch schon die Kölner Mentalität, das Negative in den Vordergrund zu stellen, kennen gelernt?
Ute Berg: Ja. Es gibt viele, die immer nur den Finger in die Wunde legen und nicht sehen wollen, was auch an Positivem entstanden ist.
CityNEWS: Was entgegnen Sie den ewigen Nörglern?
Ute Berg: Ich versuche die positiven Seiten nach vorne zu stellen. Man kann in Köln gut leben, die Stadt ist interessant, und das kommt nicht von ungefähr. Aber natürlich haben wir auch große Herausforderungen zu bewältigen, z.B. eine hohe Arbeitslosigkeit.
CityNEWS: In welcher Rolle sehen sie sich? Mehr als Sprachrohr der Wirtschaft oder mehr als Sprachrohr der Verwaltung?
Ute Berg: Es ist eher eine Mittlerrolle zwischen Unternehmen und Stadtverwaltung. Ich kann nicht Forderungen der Wirtschaft erfüllen, wenn sie nicht in den Haushaltsrahmen passen. Aber die Bedürfnisse der Unternehmen und Beschäftigten haben bei mir schon deswegen eine hohe Priorität, weil die Unternehmen einen ganz wesentlichen Beitrag zur finanziellen Unterstützung der Stadt Köln leisten. Die Wertschöpfung der Kölner Unternehmen ist viel größer als sich das in der Wertschätzung der Bevölkerung widerspiegelt.
CityNEWS: Oberbürgermeister Jürgen Roters hat den Bau eines Konferenzzentrums in Köln abgelehnt mit der Begründung, dass das neue in Bonn für die Region ausreicht. Sehen sie das auch so?
Ute Berg: Ich setze mich zwar sehr stark für die Interessen der Stadt Köln ein, muss aber auch regional denken. In Europa ist es einfach so, dass Fördermittel regional fließen. Das heißt, dass wir auch Mitt el für die Region einwerben und über Stadtgrenzen hinaus denken und handeln müssen. Das ist ganz in meinem Sinne. Es würde mich aber durchaus freuen, wenn ein privater Investor ein Kongresszentrum bauen würde.
CityNEWS: Die Dezernate in Köln sind erstmals fifty-fifty mit Frauen und Männern besetzt. Ist Jürgen Roters ein “Womanizer”?
Ute Berg: Jürgen Roters ist, wie ich finde, ein ausgesprochen sympathischer Mensch. Aber dass die fifty-fifty-Besetzung der Stadtspitze so für Aufsehen sorgt, finde ich schon bemerkenswert. Dieses ausgewogene Verhältnis gibt es allerdings in keiner anderen deutschen Großstadt. Ich finde das gut bei uns.
CityNEWS: Sind Sie als ehemalige Deutschlehrerin besonders kritisch mit Ihren Mitarbeitern, wenn es um die deutsche Sprache geht?
Ute Berg: Ja. Bei Texten, unter denen mein Name steht, habe ich schon meine eigenen Vorstellungen, wie sie aussehen sollen. Ich möchte mich schließlich mit den Schriftstücken identifizieren können und schreibe sie dann auch so, wie ich es gern hätte. Ich lege Wert auf klare Botschaften, kurze Sätze und einen Stil, der nicht abgehoben ist. Das entspricht meiner Mentalität.