Er darf sich zu einem der bekanntesten Comedians Deutschlands zählen: Der Kölner Tom Gerhardt brachte bereits in den 1990er-Jahren sein Publikum mit seinen Filmen “Voll normaaal” und “Ballermann 6” zum Lachen. Nach vielen weiteren Projekten, nicht zuletzt seiner Serie “Hausmeister Krause”, steht er nun auf der Bühne im Theater am Dom. CityNEWS sprach mit ihm über die Zukunft, Wünsche und natürlich über das aktuelle Stück …
CityNEWS: Herr Gerhardt, erzählen Sie doch unseren Lesern zunächst einmal etwas über das Stück, in welchem Sie noch bis zum 17. Januar im Theater am Dom zu sehen sind.
Tom Gerhardt: “Dinner für Spinner“, so heißt das Stück, eine herrliche Komödie von Francis Veber, der, der auch “Ein Käfig voller Narren” geschrieben hat. Es geht um bösartige Freunde, die sich einmal im Monat zum Essen treffen und dort einen “Spinner” einladen, über den sie sich dann amüsieren können. Die Gegenüberstellung von solchen Menschen und einem armen Dussel, der von ihnen fürchterlich durch den Kakao gezogen werden soll, endet, wie es im Leben manchmal ist: Der Übeltäter fällt in die Grube, die er selber gegraben hat. Und in einem Stück mit dem Titel “Ein Dinner für Spinner”, da ist es ganz klar, welche Rolle ich spiele: natürlich den Spinner!
Für mich ist es eine völlig neue Erfahrung, denn ich spiele mit einem Ensemble in einem Stück, das nicht von mir ist, sondern von jemand anderem. René Heinersdorff und meine Wenigkeit haben es allerdings kräftig bearbeitet. Für den Zuschauer ist das ein Vergnügen und das Stück transportiert tatsächlich auch eine Botschaft, die ich sehr gerne mag. Überhebe dich nicht über andere! Manch einer mag zwar ein schlichter Charakter sein, das heißt aber nicht, dass er ein schlechter Charakter ist und auch nicht, dass andere das Recht haben, sich über ihn zu erheben. Das Stück, in dem es viel Slapstick und viele komische Momente gibt, reiht nicht einfach nur einen Gag an den nächsten. Es ist auch ein Plädoyer für die Menschlichkeit – auf seine sehr schöne humorvolle Art.
Tom Gerhardt: “Ich spiele die Rolle des Dummen immer sehr gerne!”
CityNEWS: Eine Rolle, die Ihnen auf den Leib geschrieben scheint?
Tom Gerhardt: Ich spiele die Rolle des Dummen immer sehr gerne. “Matthias Bommes” ist der perfekte Looser und hat zum einen diese sehr komischen Momente, bei dem das Publikum viel zu lachen hat, zum anderen ist diese Figur aber auch sehr liebenswert. Eben diese Mischung macht es. Die anderen Figuren, die man von mir kennt, Hausmeister Krause und Tommy mit der Pudelmütze, haben ja auch etwas aggressives, auch wenn sie sicher nicht böse sind. Matthias Bommes ist einfach der armselige Dicke, der früher in der Schule die Würstchen briet, während die anderen mit den Mädels geknutscht haben – und das ist er auch geblieben. Aber seine Rache für die erlittenen Demütigungen ist schrecklich, auch wenn er sie eigentlich gar nicht nehmen will…
CityNEWS: Die Idee, sich Spinner zum Dinner einzuladen, um sich darüber zu amüsieren, hört sich ein wenig an, als könne es das Konzept einer Nachmittags-Show im Privatfernsehen sein, finden Sie nicht?
Tom Gerhardt: Ja, das könnte in der Tat so sein. Dieses Dinner für Spinner ist sehr zynisch und sehr menschenverachtend. Aber, man soll nicht vergessen, dass der Autor das aus dem echten Leben abgeguckt hat. Es hat in Paris tatsächlich so eine Clique gegeben, die, für mich ganz einleuchtender Weise, aus Pop-Managern und Menschen aus dieser Branche bestanden hat. Das macht für mich totalen Sinn, weil da sehr viele abgebrühte Leute rumlaufen.
CityNEWS: Ihre wohl bekanntesten Rollen “Tommy” und “Hausmeister Krause” sind aber auch eher Figuren, über die, nicht mit denen man lacht, oder nicht?
Tom Gerhardt: Das kann ich so nicht stehen lassen. Für mich sind es beide sehr hohe Identifikationsfiguren. Heißt, dass ich durchaus auch MIT ihnen lache. Tommy zum Beispiel, aus “Voll normaaal” und “Ballermann 6” ist ja eigentlich eine echt arme Sau. Der hat nichts! Keine Kohle, kein tolles Haus, keine Mädels, der hat überhaupt gar nichts. Nur das eine: den unbedingten Spaß am Leben. Und den lässt er sich nicht nehmen, auch wenn ihm das Wasser schon über der Nase steht. Der bekommt es auch gar nicht mit. Da ist er unbestechlich und sticht damit auch miesepetrige Vertreter aus der “besseren Gesellschaft” komplett aus. Am Ende siegt er dadurch, dass er mehr Lebensfreude besitzt.
Tom Gerhardt: “Ich mag es nicht, Menschen persönlich zu verletzten oder anzugreifen.”
CityNEWS: Wo hört der Spaß auf? Wo sind Ihre Grenzen?
Tom Gerhardt: Das ist natürlich immer Ansichtssache. Ich mag es nicht, Menschen persönlich zu verletzten oder anzugreifen.
CityNEWS: Die Figur “Matthias Bommel” hat ein sehr seltenes Hobby: er ist Streichholz-Architekt. Gehen Sie irgendwelchen skurrilen Hobbys nach?
Tom Gerhardt: Nein, eigentlich nicht. Was Bastelarbeiten angeht, dafür bin ich ein viel zu ungeduldiger Mensch – eine eher schlechte Charaktereigenschaft von mir. Diese unmenschliche Geduld, die so ein “Matthias Bommel” aufbringt, die ist mir nicht gegeben. Im normalen Leben bin ich voll normal, das kultiviere ich sogar. Ich sehe es als erstrebenswert an, normal zu sein. Der Mensch soll sich als Mensch erst mal genug sein und muss sich darüber hinaus nicht immer wichtig machen. In einer fröhlichen Zurückgezogenheit, da lebe ich sehr gerne.
CityNEWS: Sie haben Germanistik und Philosophie studiert, waren danach als Journalist tätig. Wie sind sie da zum Schauspiel gekommen?
Tom Gerhardt: Ich hab das damals studiert … na, wie soll ich das sagen? Mathematik und Jura wären schwerer gewesen und meine Studienfächer haben mir nebenbei die Zeit gegeben, auch noch andere Dinge zu machen. Es war mir damals gar nicht bewusst, dass ein solches Studium zu dringlichen existenziellen Problemen führen könnte.
Damals, das war in einer Zeit, in der man noch davon ausging, dass sich irgendwann alles Finanzielle von selber regelt. Dem war aber nicht so, wie ich schmerzlich feststellen musste. Als die anderen bereits Mittelklassewagen fuhren, war ich noch auf meinem motorisierten Zweirad unterwegs. Die Jugendlichen des Viertels haben mich deswegen lange als einen von ihnen betrachtet. Ich hatte wirklich überhaupt keine Kohle und habe mich journalistisch hier und da ein wenig ausprobiert, war allerdings nicht besonders gut darin.
Später, als ich dann Rechercheur beim WDR wurde, habe ich Jürgen von der Lippe kennengelernt und Jürgen der, so gutmütig und gönnerhaft, wie er nun einmal ist, hat sich mein derzeitiges Comedy-Programm angesehen und sich den Tommy mit der Pudelmütze für seine Sendung “So isses” rausgepickt. Zu diesem Zeitpunkt war das vollkommenes Neuland auf der Bühne. So eine Figur hatte es noch nicht gegeben.
Tom Gerhardt: “Ich fühle mich hier wirklich wohl … “
CityNEWS: Sie stammen aus Köln, sind hier groß geworden und leben immer noch hier. Hat es Sie nie in die Ferne gezogen?
Tom Gerhardt: Nun ja, ich war ja lange Zeit sehr viel unterwegs, bin durch alle Großstädte und Kleinstädte in Deutschland getourt. Ich habe zwischenzeitlich mal darüber nachgedacht, für ein paar Jahre nach Berlin zu gehen. Das hat sich dann aber aus familiären Gründen nicht ergeben. Und ich fühle mich hier ja auch wirklich wohl!
CityNEWS: Stehen Sie lieber vor Fernsehkameras oder auf der Bühne?
Tom Gerhardt: Die Bühne ist das Schönste in meiner Karriere gewesen. Das wird wohl beinahe jeder sagen, der beides gemacht hat. Wenn man vor Leuten spielt, dann bekommt man direkt und unmittelbar etwas wieder. Mit Kinofilmen und Serien hat man natürlich die Möglichkeit mit vielen guten Schauspielern zusammen zuspielen, die man nicht so leicht auf einer Bühne versammeln kann und man kann an verschiedene Orte gehen und vieles herbei zaubern, was auf der Bühne nun mal nicht möglich ist. Und auch, wenn es eine besondere Auszeichnung ist, einen Kinofilm oder eine Fernsehserie zu drehen, wird das Schönste für mich immer die Bühne sein. Die Bühne ist die Mutter aller Dinge.
CityNEWS: Seit den Anschlägen in Paris, wird am Ende des Stückes das Bild “Peace for Paris” des französischen Grafikers Jean Jullien auf die Bühne gehängt. Musste hierüber diskutiert werden?
Tom Gerhardt: Nein, das ist etwas, das macht man einfach. Es ist ja auch nur ein kleines Zeichen, das an den Geschehnissen nichts ändern kann. Eine Solidaritätsbekundung am Ende eines französischen Stückes, das ja ursprünglich auch in Paris spielt und das unbekümmerte Leben dort zeigt, das heutzutage so heftig von den hirnverbrannten Terroristen bekämpft wird.
CityNEWS: Haben Sie bereits Pläne für das nächste Jahr?
Tom Gerhardt: Mir hat das hier sehr viel Freude bereitet, wir haben in Köln und Bonn noch gut 70 Vorstellungen vor uns. Ich finde es erstaunlich und bin sehr erfreut, wie vielen unterschiedlichen Leuten das Stück gefallen hat. Deswegen möchte ich gerne mit René Heinersdorff ein ganz neues Stück schreiben. Außerdem könnte es sein, dass ich 2016 in seiner sehr verrückten spanischen Comedy-Burleske-Artistik-Show auftrete. Allerdings nur in Deutschland. Für mich wäre eine Mischung aus beidem super. An einem Tag in einem Zelt diese durchgeknallte Show zu präsentieren und dann wieder ein klasse geschriebenes Theaterstück mit einem gestandenen Ensemble.
CityNEWS: Weihnachten steht vor der Türe. Was wünschen Sie sich?
Tom Gerhardt: Hmm … Was wünsche ich mir zu Weihnachten. Frieden und so etwas, das wünscht sich ja jeder. Für mich wünsche ich mir, dass es uns gelingt ein fantastisches Stück selbst zu schreiben – und dass das dann auch noch Erfolg hat!