Das Kneipenquiz liegt wieder ganz am Puls der Zeit und mausert sich auch in Köln zu einem festen Bestandteil der Kneipenkultur für Jung und Alt. Nicht ganz unschuldig daran ist Quizmaster Sven Kröger: Humorvoll, eine Prise Berliner Schnauze und ein ganz besonderes Gespür für die besten Quizfragen.
“Aus welcher Sprache stammen die Wörter Sofa, Safari und Alkohol?” Stumm blicken die Teilnehmer auf die Zettel vor ihnen. Einige beugen sich ruckartig zu ihren Tischnachbarn herüber und flüstern diesen hektisch etwas ins Ohr. Andere blicken sich ratlos an und kritzeln dann eine geratene Antwort auf das Papier.
Der Fragensteller steht zwischen den vollbesetzten Tischen und hebt den Blick. In der rechten Hand hält er ein Mikrofon und auf der Nase trägt er eine Brille, die an einer Schnur um seinen Hals befestigt ist. “Ich finde dieses Ding total doof.”, wird er später darüber sagen. Es lasse ihn aussehen, wie einen alten Mann. Eigentlich ist sein Markenzeichen eine rote Basecap, die aber ausgerechnet heute zu Hause liegen geblieben ist.
Der Mann mit dem Brillenband, auf den sich an diesem Abend alle Blicke richten, ist Sven Kröger. Er veranstaltet jeden Mittwoch im Ehrenfelder Brauhaus sein Kneipenquiz. Vor eineinhalb Jahren, als das Kneipenquiz dort startete, waren manchmal nur drei oder vier Tische besetzt. Mittlerweile kommen die Quiz-Teilnehmer eine Stunde vor Beginn, um sich noch gute Plätze zu ergattern. Der Quizabend hat sich im Veedel herumgesprochen. Manche Gäste kommen jede Woche, um sich von Sven Kröger auf ihr Wissen zu Politik, Geschichte und Kultur testen zu lassen. Eine Zeitlang kam sogar jemand extra aus Bochum. “Der hat jetzt aber eine Freundin”, erzählt er mit einem Lachen. Bei seinem Quiz ist ihm vor allem wichtig jede Gesellschaftsschicht anzusprechen. Vom Müllmann, über die Sekretärin bis zum Akademiker soll keiner frustriert nach Hause gehen.
Das Ehrenfelder Brauhaus ist nicht seine erste Station in der Kölner Kneipenlandschaft. Montags bespaßt er die Gäste in der Coellner Bar in der Südstadt, davor gab es sein Quiz im Effi, im Hemmer und sogar mal im Gaffel am Dom.
Bei Sven Kröger kommt erst die Antwort, dann die Frage
Die Idee zum Kneipenquiz kam ihm während einer Fußball-WM, um die Wartezeiten zwischen den Spielen zu füllen. Das Jahr weiß er schon gar nicht mehr genau. Überhaupt ist Sven Kröger sehr fußballbegeistert. Vor 20 Jahren trainierte er eine Jugendfußballmannschaft und genoss dabei besonders den Draht zu den Kindern: “Du stehst zwischen Eltern und Schule, aber zu dir kommen sie freiwillig. Das macht den Unterschied.” Den Kindern was fürs Leben mitgeben, das habe ihn an dem Job gereizt.
Aber nicht nur bei Kindern scheint Sven Kröger Eindruck schinden zu können. Die Gäste kommen bei ihm auch gerne zu einem Plausch vorbei, bedanken sich für das tolle Quiz und reden vom nächsten Mal, als wäre er schon ein fester Bestandteil ihres Alltags. “Das ist schon ein tolles Gefühl, wenn die Leute zu einem kommen und sich bedanken. Da denkt man sich schon: Irgendwas habe ich richtig gemacht.”
Dass seine Fragen so gut bei den Leuten ankommen, könnte auch an der besonderen Art liegen, wie er sich seine Fragen zusammenstellt. Oft lese er irgendwo ein Wort und denke sich: “Das ist eine tolle Antwort auf eine Quizfrage.” Dann recherchiert er zu dem Thema und denkt sich daraufhin die Frage aus. Auch zu aktuellen Geschehnissen aus aller Welt und den unterschiedlichsten Bereichen lässt sich Sven Kröger jeder Woche aufs Neue etwas einfallen. Oft reicht zur Beantwortung der Fragen ein Blick auf die Titelseite einer Illustrierten, manchmal muss man aber auch täglich die Zeitung durchforstet haben.
Partner statt Kunden
Und dass er mittlerweile sogar vom “Quizzen” leben kann, verdankt er einer Idee, die er selbst nach etwas Zögern und mit viel Bescheidenheit in der Stimme als “Die Idee seines Lebens” bezeichnet. Vor sechs Jahren fiel ihm auf, dass die Quizfragen am Ende des Abends plötzlich wertlos waren. “Am Ende eines Quizabends blieb dann ein hochwertiges Produkt übrig, das man dann eigentlich in die Tonne werfen konnte. Dafür einen Mehrwert zu finden, war dann die Idee dahinter”. Daraufhin tat er sich mit einer Partnerin zusammen und suchte in ganz Deutschland nach Kneipen und Bars, die Interesse daran hatten einen umsatzschwachen Abend mit einem Quiz zu füllen. Die Idee seines Lebens fand Anklang und über die Jahre eignete sich Sven Kröger einen treuen Kundenstamm an. Von der Bezeichnung “Kunde” will er aber nichts hören, er nennt sie lieber Partner. Das passe besser.
Sucht man sein Unternehmen “Quizwerk” auf Facebook, findet man Fotos von vollbesetzten Bars, die Sven Kröger in der Überschrift ihren Dank aussprechen und manchmal ist auch er selbst darauf zu sehen. “Wenn ein Jubiläum stattfindet und ich werde von Partnern eingeladen, dann komme ich da auch gerne vorbei. Der persönliche Kontakt ist mir wichtig.” Vermutlich könnte er mehr Geld mit seinem Vertrieb machen, aber Akquise könne er nun mal so gar nicht leiden. “Ich will Leuten nicht irgendetwas aufquatschen, was sie nicht brauchen. Lieber wenige, aber dafür umso treuere Partner.”
Ein langer Weg zu einem außergewöhnlichen Beruf
Reich geworden ist er mit Quizwerk bisher noch nicht, aber seine Leidenschaft hat er mit Ende Vierzig zweifellos gefunden. Ein langer Weg, dem viele unterschiedliche Jobs vorausgingen, aber bei denen nie der richtige dabei. Die Frage was genau diese waren, das wäre nicht so wichtig. “Ich war schon immer ein Hallodri. Ich wusste nie so wirklich, was ich machen sollte. So ein konventionelles Leben kam für mich aber irgendwie nicht in Frage.” Ein Wecker besitzt Sven Kröger nicht mehr, denn die Selbstständigkeit und das Freiheitsgefühl sei das Beste an seinem Job. Also quizzt er jetzt weiter bis zur Rente? “Vielleicht hole ich mir irgendwann mal einen Ersatzmann. Es wäre schade, wenn ich dem Job irgendwann überdrüssig werde. Dann setze ich lieber hin und wieder aus.”
Von seiner eigentlichen Heimat Berlin hat sich Sven Kröger vor 16 Jahren wegen Köln und einer Frau verabschiedet. Manchmal verrät ihn sein Dialekt aber noch. “Das mit dem älter werden, dit finde ick so entsetzlich. Das ist wie wenn du dich an einer Steinmauer festkrallst und dann langsam runterrutschst, weeßte? Ich bin noch nicht soweit, ich bin noch nicht soweit!”. Auch wenn Sven Kröger den Spruch “Man ist immer so alt wie man sich fühlt” überhaupt nicht leiden kann, belegt er mit seiner spätentdeckten Leidenschaft, die er mit jedem seiner Sätze ausstrahlt, doch genau das.
Und übrigens: Die Wörter Sofa, Safari und Alkohol aus Svens erster Frage stammen aus dem Arabischen.
Von Gastautorin Johanna Wendel