Jeder, ob Jeck oder nicht, kennt Karneval. Und speziell der Kölner Karneval, der in diesem Jahr sein 200. Jubiläum feiert, hat eine lange und bewegte Geschichte. Und über die Zeit hinweg betrachtet, gibt es dabei einige interessante Fakten. Nachfolgend haben wir hier bei CityNEWS 12 interessante, spannende oder auch kuriose Splitter aus der Vergangenheit des kölschen Fasteleers zusammengestellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1.) Gar nicht mal so alt – das Dreigestirn
- 2.) Die kürzeste und die längste Session
- 3.) Aus eins mach zwei
- 4.) Kein 200. Jubiläum für den Zoch
- 5.) Der kürzeste Zoch aller Zeiten dank Corona
- 6.) 34 Festkomitee-Präsidenten
- 7.) Kein Stolz auf Blackfacing im Zoch
- 8.) Ich han en Mötz …
- 9.) Karneval in den Medien
- 10.) Die Schull- un Veedelszöch
- 11.) Emanzipation im Fastelovend
- 12.) Kölle Alaaf und Schalom
1.) Gar nicht mal so alt – das Dreigestirn
Die Festkomitee-Gründer wollten unbedingt einen “Narrenherrscher” küren, was sie 1823, im Gründungsjahr, dann auch taten. In den ersten Jahren hieß dieser noch “Held”. Erst nach dem gewonnenen Krieg gegen Frankreich im Jahr 1870/71 wurde er in “Prinz Karneval” umbenannt. Der erste Prinz war dann 1872 August Metz. Bauer und Jungfrau als Sinnbilder der Stadt sind allerdings viel älter. Erstmals erwähnt wird der Bauer bereits 1422. Er symbolisiert die Wehrhaftigkeit der Stadt.
Die Jungfrau tauchte erstmals 1570 in den Texten auf. Sie tritt als Verkörperung der Stadtgründerin Agrippina auf und symbolisiert die Unberührbarkeit der Stadt. Während der “Held” bereits im ersten Rosenmontag 1823 sein Debüt feierte, tauchten Bauer und Jungfrau erstmals 1825 als solche auf. Zu dritt traten sie allerdings erst ab 1870 auf. Das offizielle “Dreigestirn” gibt es sogar erst seit 1938.
2.) Die kürzeste und die längste Session
Die Daten von Aschermittwoch und Rosenmontag orientieren sich traditionell an Ostern. Genau 48 Tage vor Ostersonntag ist Rosenmontag. Da es hier um einen beweglichen Feiertag handelt, könnte er daher, rein rechnerisch, zwischen Anfang Februar und Anfang März liegen. Der frühestmögliche Termin wäre der 2. Februar. Auf dieses Datum fiel er zuletzt 1818 und somit noch vor der Einführung des organisierten bunten Treibens. Am 2. Februar hat es zwar noch nie einen Zoch gegeben, aber einen Tag später schon. In den Jahren 1845 und 1913 zogen am 3. Februar die bisher frühesten Züge durch die Stadt. Den spätesten Termin, das ist der 8. März, hat es schon gegeben. Zuletzt 1943 fand der Zoch an diesem Datum statt.
3.) Aus eins mach zwei
Es hat in der Domstadt eine lange Tradition, dass sich Vereine aufteilen. War bei der Muttergesellschaft “Knies en d´r Bud”, spalteten sich gerne mal Teile ab und bildeten eine neue KG. An sich nichts Neues. Allerdings führte bereits dreimal solch eine Spaltung dazu, dass zwei große Umzüge durch die Rheinmetropole liefen. Nachdem sich die “Allgemeine KG” und die “Große KG” trennten, wollte beiden Vorreiter im kölschen Fasteleer sein. Somit gab es dann 1844 und 1845 zwei Züge. Als sich dann die “Große Kölner” von der “Großen KG” abspaltete, gingen 1883 ebenfalls zwei Züge durch die Straßen, allerdings der der Großen KG am Montag und der der Großen Kölner am Dienstag.
4.) Kein 200. Jubiläum für den Zoch
Im Jahr 2023 wird das Festkomitee 200 Jahre alt, ebenso wie vier weitere Gesellschaften. Das wird natürlich auch entsprechend gefeiert. Der Rosenmontagszug kann da leider nicht mitfeiern. Über die Jahrhunderte gab es nämlich immer wieder Jahre, in denen es keinen gab. In den letzten Jahren wurde er aufgrund der Corona-Pandemie (2021) sowie wegen des russischen Überfalls auf die Ukraine (2022) abgesagt. Im Jubiläumsjahr 2023 zieht daher der 167. “offizielle” Rosenmontagszug durch die Straßen der Domstadt.
5.) Der kürzeste Zoch aller Zeiten dank Corona
Rosenmontagszüge sind mal länger, mal kürzer. Corona sorgte 2021 für die kürzeste Variante aller Zeiten. Da es während des Lockdowns keine öffentliche Veranstaltungen gab, ließen das Festkomitee gemeinsam mit Hänneschen-Theater und WDR einen Puppenzug gehen. Der Mini-Zoch, liebevoll inszeniert, setzte sich aus 177 Puppen zusammen.
Auf die Art entstanden zehn Prunkwagen, zehn Fußgruppen, drei Tanzgruppen und eine Musikgruppe. Es gab sogar Pferde, die mehrmals im Einsatz waren und abwechselnd insgesamt zwölf Reiter trugen. Außerdem gab es zwei Wagenbegleiter, zwei Polizisten und die “Kehrforce One” der AWB. Die Strecke betrug 32 Meter, wobei der Zoch insgesamt eine Länge von ca. 70 Metern erreichte. Und natürlich gab es auch Kamelle – für die Kameraleute und WDR-Mitarbeiter, die vor Ort waren. Sie durften sich drei Büggel Kamelle teilen.
6.) 34 Festkomitee-Präsidenten
Seit dem Jahr 2017 ist Christoph Kuckelkorn Festkomitee-Präsident. Er ist der 34. in der langen Historie des Komitees und er ist der Einzige. Dies ist gar nicht mal so selbstverständlich, den über die Jahrhunderte gab immer wieder Phasen mit zwei Amtsinhabern. In diesen Zeiten wechselten sich zwei Präsidenten entweder ab oder stritten sich sogar um das Amt. Erstmalig geschah das 1844 und 1845, als sich zwei Gesellschaften um das Amt in die Haare gerieten.
Von 1888 bis 1908 einigten sich die Präsidenten zweier Vereine darauf, sich die Amtsgeschäfte zu teilen. Und von 1909 bis 1934 übernahmen zwei Gesellschaften jährlich abwechselnd die Komitee-Spitze. Das Amt des Zugleiters wurde 1949 eingeführt. Seit 2019 hat Holger Kirsch es als zehnter Amtsinhaber inne.
7.) Kein Stolz auf Blackfacing im Zoch
Bekanntermaßen ist der Kölner Karneval auch immer ein Spiegel der jeweiligen Zeit. Und da gab es Zeiten, auf die heute niemand mehr stolz ist und die so hoffentlich nicht mehr vorkommen. In eine dieser Zeiten gehört das sogenannte Blackfacing. So zog der Rosenmontagszug 1885 unter dem Motto “Held Carneval als Kolonisator” durch die Straßen. Dabei gingen fast alle Teilnehmer schwarz geschminkt durch die Straßen und stellten so die Völker der Kolonien des Kaiserreichs dar.
8.) Ich han en Mötz …
Schon von weitem konnte und kann man anhand der “Fastelovendsmötz” erkennen, zu welcher KG ein Jeck gehörte. Die Mötz gibt es bereits seit 1827 und wurde auf Vorschlag vom, wie sollte es anders sein, preußischen Generalmajor Baron von Czettritz und Neuhauß eingeführt. Bei den Versammlungen sollten bunte Gesellschaftsmützen nach dem Motto “Gleiche Brüder, gleiche Kappen” getragen werden. Außerdem sollten Konflikte zwischen den “Neue” und den “Alten” durch ein einheitliches Erkennungsmerkmal beigelegt werden und so Ruhe und Ordnung herrschen.
9.) Karneval in den Medien
Auch in den elektronischen Medien begeistert der Fastelovend ein Millionenpublikum, und das schon seit langer Zeit. Die erste Sitzung wurde bereits am 28. Januar 1928 vom lokalen Rundfunksender im Radio übertragen. Der erste Bericht vom Kölner Lindwurm im Fernsehen flimmerte 1953 über die Bildschirme. Allerdings waren damals TV-Geräte noch nicht sehr weit verbreitetet.
Im Jahr 1955 wurde die erste Prinzenproklamation aus dem Williams-Bau im Fernsehen übertragen. Dabei wurden auch die bis dahin unbekannten “Mainzer Hofsänger” zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Anschließend entwickelten sie sich zum langjährigen Aushängeschild des Mainzer Karnevals. Drei Jahre später, 1958, wurde dann erstmals der Rosenmontagszug live in voller Länge im TV übertragen.
10.) Die Schull- un Veedelszöch
2022 wurden die Schull- un Veedelszöch 70 Jahre alt. Dabei gibt es die Veedelszöch bereits seit 1933, nämlich, seit ein Bürgerausschuss zur Förderung des ursprünglichen Fastelovends geschaffen wurde. Der Schullzoch, der erste gemeinsame Umzug der Kölner Schulen, wurde von den Lyskircher Junge, in Kooperation mit interessierten Lehrern, dem Bürgerschuss sowie dem Amt für Kölnisches Brauchtum ins Leben gerufen. 1952 wurden beide Züge vereint und gehen damit im Jahr 2023 zum 71. Mal am Karnevalssonntag gemeinsam als Schull- un Veedelszöch auf die gleiche Strecke wie der Große.
11.) Emanzipation im Fastelovend
Sehr lange Zeit war der Fastelovend reine Männersache. Alle Rollen wie Jungfrau, Funkemariechen etc. wurden von Männern übernommen bzw. dargestellt. Dafür, dass es keine männlichen Funkemariechen mehr gibt, sorgten erst die homophoben NS-Herrscher. 1938 und 1939 sorgten sie zudem dafür, dass auch die Jungfrau im Dreigestirn von Frauen dargestellt wurde. Während dies nach dem Krieg wieder geändert wurde, hat man an weiblichen Funkemariechen festgehalten.
Fast nicht zu glauben ist die Tatsache, dass Frauen erst seit 1979 offiziell im großen Zug mitgehen dürfen. So argumentierte FK-Präsident Ferdi Leisten noch im Jahr 1970, dass die herumfliegenden Wurfgeschosse nicht ungefährlich wären. Zudem seien Damen auch nicht trinkfest genug. Erst seit 1990 gibt es weibliche Mitglieder im Festkomitee-Vorstand.
Heute sind sie in allen Bereichen des Fastelovends aktiv, wenn auch noch immer unterrepräsentiert. Eine Ausnahme bilden da nur Vereine, die nur entweder nur weibliche oder männliche Personen aufnehmen. Und auch ein weibliches Mitglied des Dreigestirns oder ein komplett weibliches Dreigestirn ist durchaus vorstellbar. Denn es steht nirgend festgeschrieben, dass dieses durch Männer dargestellt werden muss. Die Mitglieder müssen lediglich einer ordentlichen FK-Gesellschaft angehören.
12.) Kölle Alaaf und Schalom
Beim kölschen Fasteleer kommt die Gesellschaft der Rheinmetropole in ihrer ganzen Vielfalt friedlich zusammen. Das ist Tradition und auch heute noch gelebte Praxis. Viele gesellschaftliche Gruppen haben eigene KGs gegründet. So auch die jüdische Gemeinschaft der Stadt.
Der erste jüdische Verein wurde bereits 1922 gegründet – der “KKK – Kleiner Kölner Klub”, der aufgrund der NS-Herrschaft nicht weiter existieren konnte. Seit 2017 gibt es wieder einen jüdischen Karnevalsverein, die Kölsche Kippa Köpp von 2017 e. V. Sie sind damit die erste KG nach Ende des zweiten Weltkrieges mit jüdischem Hintergrund.