Das Mantra ist tief in die kölsche Seele eingegraben: Jeder Jeck ist anders. Wir tragen Toleranz als geistige Monstranz vor uns her, als alte Handelsstadt, die immer geschäftstüchtig offen auch und gerade für Fremde war und ist. So mancher Verhaltens-Import aber testet die Grenzen unserer allgegenwärtigen Toleranz heute unzumutbar aus.
Da waren zum Beispiel Menschen, die respektlos, pöbelnd und gewalttätig rund um den Hauptbahnhof zogen – seltsame Gestalten, die nach Köln gereist waren, um hier groben Unfug zu betreiben. Die Rede ist von Rechtsextremen, die unsere Stadt als große Bühne nutzten. „Hogesa“ oder „Pegida“ boten Bilder von gewaltiger Verwüstung und geistiger Verwilderung. Das waren keine Jecken, das waren Menschen, die sehr, sehr anders waren.
Eine andere Gruppe Zugereister machte in der Silvesternacht mit fürchterlichen Taten von sich reden. Die Polizei reagierte wie der Stammtisch pensionierter Schutzleute in einem ruhigen Südeifeldorf: Man guckte weg, übte falsche Toleranz und spielte später jecke Ahnungslosigkeit.
Beides hat der Stadtgesellschaft geschadet. Ungerechtfertigte Pauschalisierungen helfen genauso wenig wie tolerierendes Wegsehen. Um kölsche Lockerheit leben zu können, brauchte und braucht es immer einen gesellschaftlichen Minimalkonsens. Historisch gesehen war der immer gegeben: Warum sollte man in einer Handelsstadt die angereisten Kaufleute ausrauben, wenn man doch gute Geschäfte mit ihnen machen konnte?!
Die Herausforderungen sind jetzt anders. Unsere lockere Haltung wird ausgenutzt, um gewaltig über die Stränge zu schlagen. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen: ganz gleich, woher der Straßenterror gegen unsere Toleranz kommt.