Die am Mittwoch, 15.04.2020 verkündeten Lockerungen für die gebeutelten Unternehmen stoßen in der Kölner Wirtschaft auf geteiltes Echo. So fehlt für die IHK Köln für viele Betriebe weiterhin eine Ausstiegsperspektive. Außerdem werden anschauliche und konkrete Informationen für die Wiedereröffnung der Wirtschaft eingefordert.
Dazu der Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, Ulf Reichardt: “Es ist auf der einen Seite eine gute Nachricht für unsere Mitgliedsunternehmen und die regionale Wirtschaft, dass Bund und Länder jetzt die ersten Schritte für einen Weg aus dem Lock-Down aufgezeigt haben. Auf der anderen Seite sind aber viele Unternehmen auf unabsehbare Zeit weiterhin weitgehend vom Geschäftsleben ausgeschlossen”
Unverständnis bezüglich der Abgrenzung nach Quadratmeter
Vor allem die Regelung, die Öffnung der Geschäfte von der Quadratmeterzahl abhängig zu machen, stößt auf Unverständnis: “Eine Abgrenzung über Quadratmeter ist aus unserer Sicht nicht der richtige Ansatz”. “Es gibt einen großen Willen bei den Unternehmen, für hygienische und sichere Zustände zu sorgen. Hauptsache ist, dass sie nur wieder ihrem Geschäft nachgehen dürfen”, so Reichardt weiter. Mit baulichen Vorkehrungen könnten auch in größeren Handelsunternehmen und gegebenenfalls auch im Gastgewerbe wirksame Schutz- und Hygienemaßnahmen getroffen werden.
Ergänzend dazu mahnte Reichardt: “Es muss darum gehen, die Unternehmen auf dem Weg zurück in eine begrenzte Normalität bestmöglich zu unterstützen. Land und Kommunen sollten zeitnah, anschaulich und konkret kommunizieren, welche Betriebe wieder öffnen dürfen und welche Hygienemaßnahmen sie dafür treffen müssen.”
Bei Einführung des Lock-Downs im Rahmen der Corona-Krise wussten viele Geschäftsinhaber aus verschiedenen Branchen tagelang nicht, ob sie noch geöffnet bleiben durften oder nicht. Eine solche Situation müsse diesmal vermieden werden, erklärte Reichardt außerdem. Positiv bewertete er, dass man die Auswirkungen und Erfahrungen der Maßnahmen regelmäßig analysiere. Dadurch könnten schnelle Anpassungen vorgenommen werden.
Auch Deutscher Mittelstands-Bund fordert Exit-Fahrplan
Das sieht auch Marc S. Tenbieg, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bundes (DMB) so: “Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) benötigen neben den vielen guten beschlossenen Hilfspaketen auch dringend einen Fahrplan, wie man aus dem Shutdown wegen der Corona-Pandemie herauskommen soll. Nur so lassen sich Insolvenzen und Pleitewellen in KMU noch etwas abmildern. KMU benötigen mehr denn je Planbarkeit für mögliche Auflagen und Zeitfenster. Diese müssen in einer Exit-Strategie des Bundes und der Länder klar und deutlich der Wirtschaft gegenüber kommuniziert werden. Die ersten vorsichtigen Lockerungen, die ab dem 20.04.2020 unter konkreten Hygienevorgaben in Kraft treten, sind ein erster Schritt in die richtige Richtung.”
Dementsprechend bietet der DMB Informationen für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Selbständige und Freiberufler über die ersten Schritte aus dem Shutdown und Aufklärung über die Beschlüsse. Gleichzeitig fordert der Bund jedoch von der Politik auch mehr Planbarkeit.
Auch Reichardt erklärt, dass eine klare Ausstiegsperspektive von großer Bedeutung sei, um die enormen Belastungen und Einschnitte nicht noch größer werden zu lassen. Nur so könne der Fortbestand unzähliger Betriebe gesichert werden. Denn, so Reichardt: “Die Verluste, die ein nationaler Stillstand auf Dauer verursacht, kann auch der finanziell stärkste Staat nicht lange mit Hilfen ausgleichen.”
Mittelstand befürchtet Kahlschlag der Wirtschaft
Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) sieht den Mittelstand sogar unmittelbar vor einer finanziellen Katastrophe stehen. Eine vom BVMW durchgeführte Umfrage unter 1.812 Mitgliedsbetrieben ergab, dass rund jeder zweite Betrieb (51 Prozent) vier weitere Wochen Shutdown nicht überbrücken kann. Die Umfrage ergab zudem, dass bereits gut ein Drittel der Betriebe (35 Prozent) Kurzarbeitergeld in Anspruch nimmt. Außerdem greifen je rund ein Fünftel (19 Prozent) zur Stützung ihrer Liquidität auf das Aussetzen von Steuervorauszahlungen bzw. Steuerstundungen zurück. Etwa drei Viertel (76 Prozent) empfinden die staatlichen Hilfen jedoch als unzureichend.
NRW-Landesgeschäftsführer Herbert Schulte vom BVMW warnt daher: “Die Mittel reichen nicht, um den Finanzbedarf im Mittelstand zu decken. Die Krise bedroht das Fundament unserer Wirtschaft, die Hälfte der Betriebe haben Soforthilfen beantragt. Allein daran lässt sich das ganze Ausmaß der existenziellen Krise ermessen, die sich vor uns auftürmt”. Auch er erwartet einen konkreten Exit-Fahrplan mit einer raschen Öffnung ebenso wie klare und transparente Vorgaben zum Gesundheitsschutz. Darüber hinaus fordert er eine erhebliche Abgabensenkung, um einer dauerhaften Überschuldung des Mittelstandes entgegenzuwirken.