Zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys (1921–1986) richten bundesweit zahlreiche Museen Sonderausstellungen aus. In der Kölner Region ist es das Museum Morsbroich in Leverkusen, das dem Düsseldorfer Künstler seine Referenz erweist. Unter dem Titel “Der Katalysator. Joseph Beuys und Demokratie heute” werden noch bis zum 29. August 2021 wichtige Stücke aus dem Gesamtwerk des exzentrischen Meisters gezeigt.
Wer hat denn noch mal die “Mona Lisa” gemalt? Ach ja, der italienische naturwissenschaftliche Tausendsassa und zugleich Kunstgenie Leonardo da Vinci. Beim “Mann mit dem Goldhelm” denkt man natürlich an Rembrandt, und wenn es um eine Fettecke geht, denkt man sofort an Joseph Beuys.
Joseph Beuys Motto: Jeder Mensch ist ein Künstler
Das Museum Morsbroich zeigt im Erdgeschoss zwei raumgreifende Installationen von Joseph Beuys, Dauerleihgaben aus Privatbesitz. Im Rahmen der Arbeit “Eine Straßenaktion” von 1971 diskutierte der Schöpfer zahlreicher Kunstwerke mit dem Publikum, welches sich teilweise spontan versammelte, die Vorteile einer direkten Demokratie. Deren Verwirklichung war ihm ein zentrales politisches Anliegen.
Mit “Halbzeit” von 1984 dokumentierte er hingegen drei gesellschaftliche Projekte mit Beteiligung unterschiedlicher Personengruppen. Insgesamt spiegeln beide Arbeiten sein Interesse für Prozess, Kollektivität sowie Aktivismus wider. Ebenso die Idee eines erweiterten Kunstbegriffs im Sinne der Sozialen Plastik.
“Jeder Mensch ist ein Künstler” war das Motto, das sich durch das künstlerische Leben des in Krefeld geborenen Meisters zieht. Der Mann von der Müllabfuhr genauso wie der Ingenieur, Krankenpfleger wie Oberarzt oder Landwirt: da machte er keinen Unterschied, da hatte er etwas gemein mit der Popart-Ikone Andy Warhol. Der forderte für jeden Erdenbürger, für den Zeitraum einer Viertelstunde berühmt zu sein. “Famous for 15 minutes”.
Zeitgenössische Positionen in Auseinandersetzung mit Joseph Beuys
Die zeitgenössischen Positionen im ersten Obergeschoss des Museum Morsbroich, darunter Arbeiten von Yael Bartana, John Bock, Karolina Jabłońska, Henrike Naumann, Nikita Kadan, Ahmet Öğüt und Paul Sochacki reflektieren die künstlerische Praxis von Beuys aus einer gegenwärtigen Perspektive. Betrachtet man die zahlreichen Krisen unserer Zeit, erscheint die Koalition aus Kunst und Politik nach Beuys´schem Vorbild ebenso naheliegend wie kompliziert.
Damit wirft die Ausstellung Fragen auf, die über eine rein rationale Sichtweise unseres politischen Systems hinausgehen. Vielmehr reicht sie in den privaten, emotionalen Bereich hinein: Wie werden Gefühle und Stimmungen sowohl durch Kunst als auch Politik verstärkt, erzeugt und genutzt? Wie steht es heute um das Verständnis von Demokratie? Inwiefern kann Kunst der Katalysator für gesellschaftliche und politische Veränderung sein?
Joseph Beuys war dabei nicht nur bildender Künstler, sondern auch Aktionist. Aber er war vor allem eines: ein politischer Künstler, dessen politisches Denken und Handeln auf spätere Generationen in der Kunst entschieden nachgewirkt hat. Dem geht die Ausstellung nach.