Professor Dr. Ingo Froböse ist Fitness-Fan. Er hält es für unerheblich, ob das Bewegungsprogramm im Studio, zu Hause oder unter freiem Himmel stattfindet. “Hauptsache, Training, denn damit unterstützen wir unseren Stoffwechsel”, sagt der Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln. Gerade mit dem Thema Stoffwechsel hat sich der Professor während der Coronazeit intensiv beschäftigt. Herausgekommen ist ein neues Buch mit dem Titel “Der Stoffwechsel-Kompass”, wieder mal ein Bestseller!
CityNEWS: Was hat Sie zum neuen Buch inspiriert?
Ingo Froböse: Den Stoffwechsel bringen die meisten Menschen ausschließlich mit dem Thema Gewichtsabnahme in Verbindung. Dabei ist der Stoffwechsel die Schaltstelle unseres Lebens. Körpertemperatur, Blutfluss, Knochenauf- und- umbau, Verdauung – das alles und noch viel mehr gehört zum Stoffwechsel. Man darf den Körper nicht isoliert betrachten.
CityNEWS: Auf jeden Fall begünstigt Bewegung den Stoffwechsel. Reicht Bewegung im Home-Gym?
Ingo Froböse: Klar. Hauptsache ist, dass unsere Muskeln regelmäßig trainiert werden. Das geht auch wunderbar zu Hause.
CityNEWS: Der Heimtrainingsmarkt ist während Corona ziemlich explodiert. Wie kann ich aus dem breiten Angebot das Richtige für mich herausfiltern?
Ingo Froböse: Da würde ich immer auf die Empfehlung von Profis bauen, also Fachpersonal im Fitness-Studio oder im Sportverein fragen. Man kann sich auch bei den Krankenkassen nach geeigneten Programmen erkundigen und dabei gleichzeitig die Kostenübernahme klären. Viele Kurse, auch digitale, werden ganz oder teilweise finanziert.
Ingo Froböse: Für Digital Fitness muss es eine professionelle Basis geben
CityNEWS: Was halten Sie von der Digitalisierung im Home-Fitness-Markt?
Ingo Froböse: Grundsätzlich finde ich es toll, dass es mittlerweile so viele Online-Angebote gibt. Allerdings laufen auf YouTube, Instagram und Co auch viele selbst ernannte Influencer herum, die nur auf ihre ökonomischen Vorteile schauen. Gerade für Einsteiger können solche Angebote zur Falle werden. Man bezahlt viel Geld und am Ende wirft man das Handtuch, weil das Niveau einfach viel zu hoch war. In meinen Augen muss es auch für Digital Fitness eine professionelle Basis geben.
CityNEWS: Wie könnte die aussehen?
Ingo Froböse: Indem zum Beispiel in Fitness-Studios Übungen in richtiger Ausführung gezeigt und aufgenommen werden, um sie dann digital per App ins heimische Wohnzimmer zu bringen.
CityNEWS: Braucht es unbedingt Fitnessgeräte, um ein Gym zu Hause zu eröffnen?
Ingo Froböse: Am Anfang reicht sicher das eigene Körpergewicht. Ein Stuhl wäre noch hilfreich. An der Lehne kann ich mich abdrücken, um beispielsweise Liegestütze im Stand zu machen. Das trainiert Oberarme und Schultern. Wenn ich im Sitzen den Oberkörper langsam auf den Oberschenkel bringe und dann wieder zurück, trainiere ich Bauch- und Rückenmuskulatur. Auch für Wade, Oberschenkel und Gesäß reicht ein Stuhl als Gerät. Aus dem Stand gehe ich ganz langsam in die Sitzposition und kurz vor dem Sitzen wieder zurück. Eine Art Kniebeuge also. Das sind ganz einfache Übungen, die, zwei- bis dreimal am Tag gemacht, bereits unsere großen Muskelgruppen trainieren. Damit kann man jederzeit loslegen und es ist extrem kostengünstig.
Künstliche Intelligenz wird die Zukunft der Fitnessbranche sein
CityNEWS: Wenn es ein größeres Gerät sein soll, wozu würden Sie raten?
Ingo Froböse: Zu einem Radergometer, das nimmt nicht so viel Platz weg, ist leise und somit erträglicher für die Nachbarn.
CityNEWS: Viele Bikes laufen auf digitalen Plattformen, wo die Herzfrequenz als Gradmesser im Fokus steht. Es gibt auch Apps, die auf künstliche Intelligenz setzen, um individualisierte Trainingsprogramme zu erstellen. Was halten Sie davon?
Ingo Froböse: Ich glaube, künstliche Intelligenz wird die Zukunft sein in der gesamten Fitnessbranche. Nicht gerade für den Spitzensport, aber in der Mitte der Gesellschaft. Jahrelang haben wir nur auf die Herzfrequenz geschaut, aber wo bitte bleibt das Muskeltraining? Unsere Muskulatur ist viel komplexer als unser Herz-Kreislauf-System. Wir haben insgesamt 654 Muskeln. Das ist schon eine Hausnummer. Allerdings wird es noch ein Weilchen dauern, bis mithilfe von KI daraus vollständige und sinnvolle individualisierte Programme entwickelt werden können. Bei diesem Thema stehen wir noch ganz am Anfang, aber die Richtung stimmt.
CityNEWS: Die meisten professionellen Apps sind koppelbar mit Streamingdiensten wie zum Beispiel Netflix oder Disney+. Was halten Sie von Entertainment beim Workout?
Ingo Froböse: Auf diesem Gebiet wünsche ich mir noch etwas mehr Tempo. Wer braucht denn schon immer dieselben langweiligen Übungen? Die Menschen wollen unterhalten werden. Ich stehe der Innovationsjury der FIBO vor und bin hier eher etwas enttäuscht von der langatmigen Entwicklung. Ob jetzt KI, Virtual Reality oder Gamification. Da ist noch viel Luft nach oben!