Immer weniger Kinder beherrschen das Radfahren richtig. Das geht aus einer Studie der Landesverkehrswacht Niedersachsen und des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs hervor. Einer der Hauptgründe dafür ist Bewegungsmangel, und dieser wirkt sich auch auf die Verkehrssicherheit aus. Untrainierte Kinder haben zum Beispiel Schwierigkeiten, das Gleichgewicht zu halten und zeigen Koordinationsschwächen. Der pressedienst-fahrrad stellt einige einfache Übungen vor, mit denen Kinder ihre Koordination auf dem Fahrrad verbessern und mit Spaß fit für den Straßenverkehr gemacht werden können.
Inhaltsverzeichnis
1. Auf- und Absteigen auf der “falschen” Seite
Was einfach klingt, ist in der Praxis eine Herausforderung. “Jeder Radfahrer hat unbewusst eine bevorzugte Seite zum Auf- und Absteigen. Das Training auf der ungeübten Seite verbessert die Koordinations- und Reaktionsfähigkeit, was im Straßenverkehr äußerst wichtig ist”, erklärt Guido Meitler vom Kinderfahrzeugspezialisten Puky. Hütchen können zum Training verwendet werden, an denen die Kinder auf Zuruf mit dem “falschen” Fuß absteigen müssen. Als Variation können sie auch abwechselnd in beide Richtungen absteigen.
2. Zielfahren
Die Kinder sollen kleine Gegenstände (z. B. Bierdeckel, Holztäfelchen oder Pappdeckel) mit dem Vorder- und/oder Hinterrad überfahren oder direkt auf dem Hindernis bremsen. Dabei ist es wichtig, dass die Kinder die Gegenstände beim Überfahren spüren oder hören. “Spielerisch wird so die Raum- und Bewegungswahrnehmung gefördert, und den Kindern wird das Gefühl für Entfernungen und Geschwindigkeiten vermittelt”, erläutert Birgit Greif, Brand Managerin beim Fahrradhersteller Winora. Eine Variante dieser Übung ist beispielsweise, dass die Kinder das Rad ohne Hilfe der Bremse durch Ausrollen auf dem Hindernis zum Stehen bringen.
3. Anhalten, ohne den Boden zu berühren
Eine Übung für die Gleichgewichtsfähigkeit: Die Kinder sollen auf einen festen Gegenstand wie eine Laterne oder einen Baum langsam zufahren, abbremsen und sich mit einer Hand daran festhalten. In dieser Position sitzend auf dem Rad sollen sie verharren, ohne dass ihre Füße den Boden berühren. Nach ein paar Sekunden können sie dann weiterfahren.
4. Turmbau per Fahrrad
Diese Übung erfordert etwas mehr Hilfsmittel, macht aber auch viel Spaß: Die Kinder sollen während der Fahrt einen Karton oder eine Dose von einem Tisch nehmen und sie auf einem anderen Tisch abstellen. Bei weiteren Durchgängen werden die Gegenstände auf dem zweiten Tisch gestapelt, um einen Turm zu bauen. “Diese Übung fördert die Gleichgewichtsfähigkeit, aber auch die Koordination und die Körperbeherrschung – außerdem macht sie richtig Spaß”, sagt Felix Pätzold vom Fahrradhersteller Ghost.
5. Langsam-Rennen
Für diese Übung reicht eine kurze Fahrstrecke aus: Auf etwa 20 Metern sollen die Kinder möglichst langsam fahren – wer als Letztes ankommt, gewinnt. Die Fahrbahn kann dabei seitlich begrenzt werden, damit die Kinder keine Schlangenlinien fahren. Dabei dürfen die Füße nicht abgesetzt werden. “Ein Rennen, wer die langsamste Schnecke ist? Für Kinder ein Spaß und dabei schulen sie spielerisch ihre Balancefähigkeit”, so Guido Meitler.
6. Rollern
Das Fahrrad als Roller nutzen: für Kinder ein ungewohnter, aber großer Spaß. Dafür steigt man mit einem Fuß auf ein Pedal (entweder mit dem rechten Fuß auf das linke Pedal oder umgekehrt), stößt sich ab und rollert los. “Roller sind für Kinder bereits im Vorschulalter eine sinnvolle Anschaffung. Sie schulen die Motorik und den Gleichgewichtssinn. Bei der Übung mit dem Fahrrad wird ein ähnlicher Effekt erzielt”, erklärt Meitler. Übrigens: Das Rollern mit dem Fahrrad ist z. B. in Fußgängerzonen offiziell erlaubt – selbst für Erwachsene.
7. Ball prellen
Diese Übung erfordert Koordination und Konzentration. Während der langsamen Fahrt wird mit einer Hand ein Ball auf dem Boden geprellt. Wenn das gelingt, kann die Übung erweitert werden. Wer schafft es, eine Kurve zu fahren? Was passiert, wenn man die Geschwindigkeit ändert? Wie schafft man es, den Ball häufiger zu prellen? Eine mögliche Spielart ist, dass sich zwei Kinder während der Fahrt den Ball zuspielen.
8. Rechts vor links
Für Erwachsene ist die Vorfahrtsregel “Rechts vor Links” eine Selbstverständlichkeit, aber für Kinder eine Herausforderung. Die Regel lässt sich zwar theoretisch erklären, aber ohne praktische Übungen nur schwer vermitteln. Eine mögliche Übung ist ein abgesteckter Parcours, in dem zwei Radfahrer abwechselnd in der Mitte einen Kreuzungspunkt passieren. Da die Kinder die Markierung immer wieder umkurven, müssen sie sich auch immer neu darauf konzentrieren, wer Vorfahrt hat.
9. Durcheinanderfahren
Eine eigentlich einfache Übung, die jedoch viel Koordination und Aufmerksamkeit erfordert: Auf einer abgetrennten Fläche fahren mehrere Kinder wild durcheinander. Dabei wird schnell klar, dass Zusammenstöße nur vermieden werden können, wenn Regeln eingehalten werden. “Die Kinder lernen dadurch, andere Verkehrsteilnehmer und deren Geschwindigkeiten spielerisch wahrzunehmen und können Rückschlüsse auf ihr eigenes Verhalten ziehen. Rücksichtnahme und Respekt gegenüber anderen werden dabei geschult”, erklärt Volker Dohrmann von Stevens Bikes den Trainingseffekt.
10. Ratespiel per Fahrrad
Eine Übung für ältere Kinder, die viel Konzentration und Koordination erfordert: Die Kinder fahren auf einer abgesteckten, am besten kurvenreichen Strecke. Am Rand sind Schilder angebracht, auf denen entweder Wörter oder Zahlen bzw. mathemematische Symbole stehen. Die Schilder können bunt verteilt und in verschiedenen Höhen angebracht sein. Am Ende der Strecke müssen die Kinder entweder einen Lösungssatz aus den Wörtern bilden oder das Ergebnis der Matheaufgabe nennen. “So lernen sie, dass das Radfahren automatisch funktioniert, während sie sich auf die Umgebung konzentrieren. Eine wichtige Voraussetzung für den Straßenverkehr”, erklärt Meitler.
Fazit
Diese zehn Übungen bieten eine vielseitige Möglichkeit, Kinder spielerisch auf den Schulweg vorzubereiten und ihre Koordination sowie Sicherheit auf dem Fahrrad zu verbessern. Durch den Einsatz von einfachen Hilfsmitteln und den Fokus auf Spaß und Abwechslung werden die Übungen für die Kinder interessant und motivierend gestaltet. Die Verbesserung der Balance, die Schulung der Raumwahrnehmung und die Vertrautheit mit Verkehrsregeln sind entscheidende Faktoren, um den Schulweg sicher und mit Freude zu meistern.
Eltern, Lehrer und andere Betreuer können diese Übungen in den Schulalltag oder in die Freizeitaktivitäten der Kinder integrieren. Die spielerische Herangehensweise fördert nicht nur die motorischen Fähigkeiten der Kinder, sondern sensibilisiert sie auch für das Verhalten im Straßenverkehr. Indem Kinder von klein auf lernen, sich sicher auf dem Fahrrad zu bewegen, können sie selbstbewusster und besser vorbereitet ihren Schulweg meistern und sich als verantwortungsbewusste Verkehrsteilnehmer entwickeln.