Ähnlich wie in der Bekleidungsindustrie unterliegt auch die Ernährungsbranche Modeerscheinungen und Trends. War vor einigen Jahren die Molekular-Küche noch marktbestimmend, so spricht heute jeder von Food-Pairing und Hybrid-Food. CityNEWS fragte bei der Ernährungsexpertin und Inhaberin der Kochschule esswahres in Köln-Sülz nach den Food-Trends in diesem Jahr und was gerade bei der Ernährung angesagt ist.
“Solange es sich bei den Trends um die Originalität und den Geschmack handelt, ist erst einmal keinem Trend etwas entgegenzusetzen. Ganz im Gegenteil, das macht meinen Beruf äußerst interessant und spannend. Schwieriger wird es für mich, wenn einige Trends bei Empfehlungen zur Ernährung dogmatisch umgesetzt werden, im Glauben, sich etwas Gutes zu tun. Oftmals wird dabei der eigene Verstand ausgeschaltet und einem Trend hinterhergelaufen, der sich nach kurzer Zeit wieder ändert.”
Stefanie Kleiner begrüßt, dass laut dem Ernährungsreport 2019 des Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft immerhin 91 Prozent der Befragten angaben, dass ihnen beim Essen nach dem Geschmack der Gesundheitsfaktor besonders wichtig ist.
Nur kein schlechtes Gewissen!
Jeder Trend, der in die Richtung des guten Geschmacks geht, wird von der Profi-Köchin Stefanie Kleiner begrüßt. So findet Kleiner Healthy Hedonism beispielsweise, bei dem Genuss die oberste Priorität hat, besonders sympathisch: “In den letzten Jahren drehte sich vieles um den Verzicht, damit macht dieser Trend jetzt Schluss! Die kulinarischen Ampeln stehen wieder auf Grün. Dies kombiniert mit dem Gesundheitsaspekt macht den Trend genial!”
Und weiter: “Lange genug galt gesundes Essen als fade und ihm wurde jeder Genussfaktor abgesprochen. Genau das Gegenteil ist richtig, das zeige ich auch immer wieder bei verschiedenen Kursen in unserer Kochschule. Healthy Hedonism schafft das Bewusstsein, wieder mehr auf den Körper zu hören und ein gesundes Bauchgefühl zu entwickeln. Was brauchen wir eigentlich und was nicht? Wovon darf es mehr sein, was sollten wir weniger essen oder trinken? Und wenn wir mal Lust auf Süßes haben? Dann ruhig in Maßen genießen und ja kein schlechtes Gewissen dabei haben!”
Auch den Trend Transparency – das wachsende Bedürfnis der Konsumenten nach mehr Information – sieht Kleiner als sehr begrüßenswert: “Konsumenten wollen genauer wissen, was sie essen und wo die Produkte herkommen. Das ist doch auch verständlich. Das geht mir genauso. Deshalb erklären wir bei allen Kursen, woher unsere Zutaten stammen und warum wir uns genau diese Lieferanten ausgesucht haben.”
Gemüse ist der neue Star in der Ernährung
Gemüse rückt immer weiter in den Vordergrund, wird zum neuen Star auf dem Teller. Dies spiegelt sich beim Trend Plant-Based-Food wider. Ein Trend, den Kleiner ebenfalls sehr sinnvoll findet, weil das Gemüse lange “nur” sein Dasein als eher langweilige Beilage bei der Ernährung fristete. Ob vegane Novel-Food-Produkte, die auf pflanzlicher Basis tierische Produkte wie Shrimps, Thunfisch, Rindfleisch oder auch Geflügel imitieren, sein müssen, diese Frage kann sich jeder selbst stellen, so die ausgebildete Ernährungsberaterin.
Regional und saisonal sind eigentlich keine Trends mehr, findet Kleiner, sondern die Grundvoraussetzung für eine gute und gesunde Küche. “Es macht aus vielen Gründen einfach keinen Sinn, im Winter Tomaten und Gurken zu essen. Vor der Haustür wächst zu jeder Jahreszeit das, was unserem Körper dann am besten bekommt.”
Und was ist mit Bio?
“Dies ist meiner Meinung nach kein Trend mehr, sondern gesetzt, wenn man sich gesund ernähren möchte. Zu manchen Bio-Lebensmitteln gibt es einfach keine Alternative bei der Ernährung. Doch auch hier ist Dogmatismus an der falschen Stelle. Wenn ich einen guten Metzger um die Ecke habe, der seine Tiere wie früher ernährt, aufzieht und schlachtet, dann brauche ich an dieser Stelle kein ausgewiesenes Biosiegel. Oder wenn ich von einem Händler auf dem Markt beispielsweise eigene angebaute Feigen kaufen kann, die in seinem Garten wachsen, da ist auch nicht immer ein Siegel drauf, weil diese bereits von Natur aus bio sind.”