Das “Hätz vun Kölle” ist die Kölner Innenstadt, doch das wirkliche Leben pulsiert in den Veedeln. Hier wird tagtäglich eingekauft, geklönt und am Wochenende auch gefeiert. Steigende Mietkosten, wachsender Onlinehandel und der Wegfall von verkaufsoffenen Sonntagen machen den Geschäftsleuten zwar zu schaffen, doch Händler und Anwohner reagieren mit Gegenkonzepten, um das Leben im Veedel bunt und abwechslungsreich zu gestalten. In der CityNEWS-Reihe “So schön sind unsere Veedel” stellen wir Ihnen regelmäßig die Stadtteile der Rheinmetropole, wie bereits z.B. die Südstadt oder Lindenthal vor. Unser Veedels-Spaziergang führt dieses Mal durch Köln-Sülz.
Wir starten auf der Berrenrather Straße, einer der Hauptverkehrsadern in Sülz. Von hier aus lohnt sich ein Spaziergang stadtauswärts mit Blick in die vielen schmalen Gassen, die oftmals noch Fahrbahnen aus Kopfsteinpflaster haben. Wir biegen von der Berrenrather Straße in die Sülzburgstraße ein, weil hier viele inhabergeführte Läden interessante und sehr spezielle Einblicke bieten. Die Unternehmerschaft ist gastfreundlich und lässt uns gerne hinter die Kulissen schauen.
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Schöne Plätze laden zum Verweilen ein
Sülz lädt gemeinhin zum Verweilen ein, ist es doch das Veedel mit den meisten Erholungsflächen. Schöne Plätze gibt es viele: Hermeskeiler Platz, De-Noel-Platz oder Nikolausplatz. Letzterer ist besonders durch sein “Büdchen” bekannt geworden, das von Nachbarn seit einigen Jahren gemeinschaftlich betrieben wird und mittlerweile als Szenetreffpunkt gilt. Hier trifft man immer jemanden zum Plauschen und Klönen.
Noch belebter ist der Sülzer Wochenmarkt auf dem Auerbachplatz jeden Dienstag und Freitag. Neben Obst und Gemüse gibt es hier immer eine große Auswahl an Mode, Schmuck und Blumen. Wer entspannen will, geht eine Runde durch den Beethovenpark. Im Sommer werden auf der großen Wiese viele Geburtstage gefeiert. Im Winter kann man hier sogar rodeln, wenn der Schnee tatsächlich einmal liegen bleibt.
Sülz ist ein lebendiges Veedel
In den letzten Jahren hat sich Köln-Sülz zunehmend zum Lieblingswohnort für junge Familien entwickelt. Wegen der Nähe zur Universität trifft man auch viele Studenten. Wer einen Kaffee trinken will, hat die Qual der Wahl. Das Angebot ist reichhaltig und qualitativ sehr gut. Neben hübschen Cafés gibt es ausreichend Gelegenheiten zum Shoppen und eine lebhafte Kneipen- und Gastro-Kultur. Im Stadtteil wird auch viel gefeiert, hier ist die Interessengemeinschaft Sülz-Klettenberg e. V. sehr aktiv. Die IG besteht seit 1996 und hat mittlerweile 60 Mitglieder, allesamt Gewerbetreibende, die das Veedel durch gemeinsame Aktionen beleben.
Zeit zum Träumen in der Sternwarte
In Sülz ist auch die Volkssternwarte Köln beheimatet. Sie hat ihr Domizil auf dem Dach des Schiller-Gymnasiums in der Nikolausstraße 55. Dort lassen Mitglieder der Vereinigung der Sternfreunde Köln im Rahmen von Führungen und Vorträgen interessierte Besucher mit dem Teleskop in den Himmel schauen. Die grüne Kuppel kann man von der Berrenrather Straße aus gut sehen. Veranstaltungen werden über die Homepage bekannt gegeben.
Gesundheit und Genuss im esswahres
Seit viereinhalb Jahren betreibt Stefanie Kleiner ihr “esswahres” auf der Berrenrather Straße 363, eine Event-Location mit integrierter Kochschule. Die 54-Jährige hat sich hier einen Traum erfüllt. “Gekocht habe ich schon immer mit großer Leidenschaft, weil ich gerne gut esse”, erzählt Stefanie Kleiner, die bereits mit 19 für ein Jahr nach Paris ging, um dort in die Geheimnisse der Genusskunst einzutauchen.
Doch Köchin werden wollte sie damals noch nicht und landete schließlich in einer Werbeagentur. Der Wunsch, aus dem Hobby einen Beruf zu machen, flammte dann wieder auf, als sie Mitte vierzig war. “Mir war aufgefallen, dass immer weniger Menschen kochen können”, erinnert sich Stefanie Kleiner. “Dem wollte ich etwas entgegensetzen!” Das Credo im esswahres fasst die Gründerin in einem Satz zusammen: “Essen soll uns schmecken und gleichzeitig unseren Körper kräftigen und stärken!”
Das “Kuriosikum”: Ein Ort zum Staunen
Dieser Laden in der Sülzburgstraße 209 trägt seinen Namen zu Recht: “Kuriosikum”. Hier kommt die Musik von einem Retro-Plattenspieler und lädt in eine bunte Welt aus “Wissenschaft und Kunst”. Betreiber Reinhard Vedder hat ein Händchen für besonders ausgefallene und einzigartige Trödelstücke, wie das Gipsmodell von einem Pferd aus den 30er-Jahren.
Besonders eindrucksvoll ist auch die große Bandbreite an medizinischen Modellen. Ganz neu ist eine riesige Zahnsammlung. Kein Wunder, dass hier viele Medizinstudenten und Ärzte zu den Stammkunden gehören. Auch Schätze aus dem Fachgebiet der Botanik sind reichlich zu finden, in Form von lehrreichen und ästhetischen Schaukästen oder auf Rollkarten. Reinhard Vedder ist Trödler aus Leidenschaft. “Mit den Augen bin ich immer auf der Jagd”, lacht der gelernte Schlosser und Beleuchter.
Gitarren selbst bauen
Das goldene Handwerk gibt es noch, zumindest im Gitarren-Atelier von Felix Reuter in der Sülzburgstraße 174. Die Kunden kommen aus ganz Deutschland, um hier ihre Gitarre selbst zu bauen. Die Kurse sind weit im Voraus ausgebucht. “Für den Bau einer hochwertigen Gitarre sollte man rund 100 Stunden einplanen”, weiß der gelernte Gitarrenbauer, Musikpädagoge und Konzertgitarrist.
Seit fünfzehn Jahren betreibt er seinen Laden, die letzten fünf davon in Sülz. “Ich mag das Veedel sehr, besonders weil sich die Unternehmer hier gegenseitig gut kennen und unterstützen”, so der gebürtige Euskirchener. Im Gitarren-Atelier treffen sich Profis und Laien. In diesem Frühjahr beispielsweise kam Peter Maffay zu Besuch, um sich eine Gitarre bauen zu lassen. “Auftragsarbeiten wie diese oder der Bau hochwertiger Konzertgitarren, gehören zum Alltag”, sagt Felix Reuter. “Im Kerngeschäft geht es um das Selberbauen und das kann jeder lernen. Ich habe das nötige Werkzeug hier und helfe bei jedem Arbeitsschritt.”