In einigen Teilen Deutschlands sorgen Schneefälle und starkes Glatteis für eisige Böden und spiegelglatte Straßen. Gleichzeitig warnt die Bahn aufgrund der Wetterverhältnisse vor Zugausfällen, und zahlreiche Flüge bleiben am Boden. Daher ist es derzeit am sichersten, zu Hause zu bleiben. Doch stellt sich die Frage, ob Schüler und Arbeitnehmer einfach so zu Hause bleiben dürfen. Und was passiert, wenn sie wetterbedingt mit erheblicher Verspätung am Arbeitsplatz erscheinen? Darf nachgearbeitet werden? Muss auf Lohn verzichtet werden? Und wer ist eigentlich wie oft für den Streudienst verantwortlich? Die ARAG-Experten erklären, welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer haben, wenn das Wetter verrückt spielt.
Einfach zu Hause bleiben?
Die ARAG-Experten warnen davor, einfach nicht zur Arbeit zu erscheinen, wenn die Wetterverhältnisse schlecht sind. Selbst wenn mobiles Arbeiten vertraglich geregelt ist, muss der Chef über das spontane Fernbleiben von der Arbeitsstätte informiert werden. Gibt es keine entsprechende Regelung, darf der Arbeitgeber erwarten, dass seine Mitarbeiter trotz Sturm, Schnee oder spiegelglatter Straßen im Betrieb erscheinen.
Ob Schüler bei extremen Wetterverhältnissen zur Schule gehen müssen, liegt im Ermessen der Eltern. Die ARAG-Experten empfehlen jedoch, die Schule umgehend zu informieren, wenn Schüler zu Hause bleiben. Es besteht auch die Möglichkeit, dass Schulen nach Rücksprache mit dem Bildungsministerium entscheiden, ob der Unterricht digital stattfindet oder Schüler Aufgaben für zu Hause bekommen. Sollten Schüler trotzdem in die Schule kommen, weil sie die Meldung zum Schulausfall verpasst haben, muss die Schule eine Notbetreuung vor Ort gewährleisten.
Bei Unwetter: Wer trägt das Wegerisiko?
Wenn winterliche Straßenglätte, umgestürzte Bäume oder Überschwemmungen es unmöglich machen, pünktlich am Arbeitsplatz zu erscheinen, liegt laut ARAG-Experten ein witterungsbedingtes Wegerisiko vor. Und dieses trägt der Arbeitnehmer. Grundsätzlich muss er dafür sorgen, dass er trotz widriger Wetterverhältnisse oder eingestelltem Bahnverkehr pünktlich zur Arbeit kommt. Wird der Arbeitnehmer durch höhere Gewalt an seiner Arbeitsleistung gehindert, entfällt sein Entgeltanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Es gilt also: Keine Arbeit, kein Lohn.
Drohen Sanktionen, wenn man zu spät kommt?
Da kein Verschulden der Arbeitnehmer vorliegt, wenn sie aufgrund des witterungsbedingten Straßenchaos zu spät zur Arbeit kommen, besteht in der Regel auch keine Grundlage für Sanktionen wie Verweise oder Abmahnungen. Die ARAG-Experten räumen jedoch ein, dass es Arbeitnehmern durchaus zuzumuten ist, bei anhaltend schlechter Witterung das Haus früher als gewohnt zu verlassen. Wer es unter solchen Bedingungen also erkennbar darauf ankommen lässt, zu spät zur Arbeit zu erscheinen, ohne sich auf eine längere Anfahrtszeit einzustellen, riskiert zu Recht eine Rüge vom Chef.
Muss man nacharbeiten?
Die Pflicht, verpasste Arbeitsstunden nachzuholen, hängt entscheidend von den arbeitsvertraglichen Gegebenheiten und ihrer Zumutbarkeit ab. In Betrieben mit Gleitzeit ist eine Nachleistung der liegengebliebenen Arbeit in der Regel möglich. Eine halbtags beschäftigte Mutter, die nach der Arbeit ihr Kindergartenkind abholen muss, kann jedoch nicht dazu verpflichtet werden, nach der regulären Arbeitszeit nachzuarbeiten.
Wer ist bei Glatteis für das Streuen zuständig?
Gängige Praxis ist laut ARAG-Experten, dass Gemeinden ihre Verkehrssicherungspflicht per Satzung oder Verordnung auf Eigentümer übertragen, deren Grundstücke an die Straßen der Gemeinde grenzen. Sind diese Grundstücke vermietet, überträgt der Eigentümer die Räum- und Streupflicht oft auf einen oder mehrere Mieter. Vermieter sollten darauf achten, diese Pflicht schriftlich zu fixieren – entweder im Mietvertrag oder in einer Hausordnung, die dann Teil des Mietvertrages wird. Sie sind diejenigen, die regulär für den Winterdienst zuständig und im Schadensfall mitverantwortlich sind. Daher müssen sie regelmäßig kontrollieren, ob ihre Mieter der Verpflichtung nachkommen. Tritt dennoch ein Unfall ein, übernimmt oft die private Haftpflichtversicherung des Mieters eventuelle Folgekosten wie Schmerzensgeldzahlungen. Bei Vermietern kann die Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung greifen.
Übrigens: Weder Arbeitszeiten noch Krankheit entbinden den Zuständigen von seiner Verkehrssicherungspflicht. Daher raten ARAG-Experten, immer für einen möglichen Ersatz zu sorgen. Und Bauherren, deren Immobilie noch nicht fertiggestellt ist, haben ebenfalls eine Schnee- und Räumpflicht. Die Verkehrssicherungspflicht beginnt ab dem Erwerb des Grundstücks.
Was muss alles geräumt und gestreut werden?
Generell müssen die wichtigsten zum Grundstück gehörenden Zugänge begehbar sein. Dazu gehört der Hauseingang, aber auch der Zugang zu Garagen oder Mülltonnen. Private Flächen, die von Passanten nur als Abkürzung genutzt werden, müssen laut ARAG-Experten nicht geräumt und gestreut werden (Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Az.: 6 U 178/12). Der das Gebäude umgebende oder angrenzende Bürgersteig muss nicht komplett von Schnee oder Eis befreit sein. Hier reicht ein gekehrter Streifen aus, der es zwei Passanten erlaubt, aneinander vorbeizugehen. Doch auch die Fußgänger selbst sind zur Achtsamkeit aufgefordert und können nicht erwarten, dass jede kleinste Eis- oder Schneefläche entfernt wird.
Wann muss gestreut werden?
Auskunft über Räum- und Streuzeiten geben meistens entweder das jeweilige Landesgesetz oder die Ortssatzung. Sind diese nicht geregelt, besteht Rutschgefahr für Frühaufsteher und Nachteulen. An Werktagen darf in der Regel nicht vor 7 Uhr morgens und nach 20 Uhr abends gestreut werden. An Sonn- und Feiertagen gilt dies nicht vor 8 oder 9 Uhr morgens und nach 20 Uhr abends. ARAG-Experten weisen jedoch darauf hin, dass unter bestimmten Bedingungen Sonderregelungen gelten können. So sind Restaurantbesitzer laut einem Urteil des OLG Naumburg während ihrer Öffnungszeiten auch nach 2 Uhr morgens dazu verpflichtet, sicherzustellen, dass ihre Wege passierbar sind (Az.: 10 U 54/12). Und wenn aufgrund der Wetterlage zu erwarten ist, dass sich nachts Glatteis bildet, darf nicht bis zum nächsten Morgen gewartet werden; es muss vorbeugend gestreut werden, so das OLG Frankfurt (Az.: 21 U 38/03).