Schon im Mittelalter schlossen sich alleinstehende Frauen in Beginenhöfen zum gemeinschaftlichen Wohnen und Leben zusammen. Diese Tradition gibt es auch heute noch, zum Beispiel in Köln-Widdersdorf. Seit fünf Jahren leben 27 Frauen im Beginenhof Köln nach dem Motto “Weniger ist mehr”.
“Die meisten Frauen haben sich verkleinert durch den Einzug in ihre neuen Wohnungen”, sagt Helga Bienfuß aus dem Vorstand des genossenschaftlich organisierten Projekts. “Unsere Idee ist es, vieles zu teilen und dadurch unser Leben zu erleichtern, zum Beispiel durch Carsharing. Ich teile mir einen Smart mit meiner Nachbarin”, erklärt die 70-Jährige. “Leider haben es die Autoverleiher bisher nicht nach Köln-Widdersdorf geschafft.” Das Prinzip der Nachhaltigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die Struktur im Beginenhof. Das Gebäude wurde nach hohen ökologischen Standards gebaut. “Wir produzieren unseren Strom selbst. Und unsere Therme wird durch Windenergie gespeist.”
Bio-Gemüse aus eigener Herstellung
Direkt hinter dem Haus gibt es einen großen Garten von 900 Quadratmetern, ein Teil davon ist Nutzgarten. Hier werden Obst und Gemüse angebaut. “Wir bewirtschaften den Garten in Eigenregie, das heißt auch, dass wir den Ertrag selbst verfuttern”, lacht Helga Bienfuß. “Die Obsternte im Sommer war prächtig! Kirschen, Äpfel, Birnen, Mirabellen, reichlich Beeren und sogar Pfirsiche konnten wir genießen.” Mittlerweile ist der Garten winterfertig. Der Feldsalat wurde gesät und die Beginen erfreuen sich an den letzten Blüten.
Gut Ding will Weile haben
Der Beginenhof Köln ist ein Projekt des Beginen Köln e. V, der vor 24 Jahren gegründet wurde und derzeit rund 120 Mitglieder hat. “Es hat zehn Jahre gedauert, bis wir einen geeigneten Platz für unseren Beginenhof gefunden haben”, erinnert sich Helga Bienfuß. Der Bau habe dann noch mal drei Jahre in Anspruch genommen. “Das Warten hat sich gelohnt”, davon ist sie überzeugt. Alle 27 Wohnungen waren schnell belegt mit Frauen zwischen 57 und 75 Jahren, die aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen stammen. Zu einem Drittel wohnen hier Frauen mit Wohnberechtigungsschein, ein Drittel sind Eigentümerinnen nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und ein Drittel sind Mieterinnen.
Der Beginenhof ist im Veedel integriert
Die Beginen im Kölner Westen sind keine geschlossene Gesellschaft. Ganz im Gegenteil. Sie sind eng mit der Nachbarschaft verbunden, öffnen ihre Türen durch Veranstaltungen und Feste. So stehen regelmäßige Veranstaltungen wie ein gemeinschaftliches Frühstück jeden letzten Sonntag im Monat, Tanznachmittage für Familien, Lesungen, Kunstausstellungen oder Handwerkermärkte auf dem Programm.
“Es ist immer was los bei uns”, erzählt Helga Bienfuß. Wer seine Ruhe haben will, findet diese im hinteren Teil des Gartens oder im sogenannten Raum der Stille. “Spiritualität gehört noch heute zu unserem Leben dazu, daran hat sich im Vergleich zu den Beginen im Mittelalter nichts geändert”, erklärt Helga Bienfuß.