Rund zwölf Millionen Menschen sind in Deutschland laktoseintolerant und vertragen keine Milchprodukte. In der Folge haben Betroffene mit Bauchschmerzen, Völlegefühl und Blähungen zu kämpfen. Trotzdem muss nicht auf den Genuss von Milchprodukten verzichtet werden; durch einer wachsenden Auswahl an laktosefreien Lebensmitteln, können viele vermeintlich offenkundigen Produkte wie Käse, Buttermilch, Joghurt und Quark ohne Bedenken verzehrt werden.
Wenn Magen und Darm streiken, steckt oftmals eine Laktoseintoleranz dahinter. Eine medizinisch gesehen unbedenkliche Lebensmittelunverträglichkeit. Dennoch sind die Betroffenen ratlos. Was darf jetzt noch gegessen und getrunken werden? CityNEWS gibt Ihnen in diesem Ratgeber Tipps, Ratschläge und versucht aufzuklären.
Laktoseintoleranz – Was bedeutet das?
Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Durchfall, Verstopfungen und Übelkeit – wer nach dem Genuss von Milchprodukten mit unterschiedlich starken Verdauungsbeschwerden zu kämpfen hat, der leidet wahrscheinlich unter einer Milchzucker-Unverträglichkeit. Geschätzte zwölf Millionen Menschen (jeder fünfte Erwachsene) in Deutschland sind von der Laktoseintoleranz, auch Milchzucker-Unverträglichkeit genannt, betroffen. Studien konnten zeigen, dass die Erbanlagen für den Erhalt der Laktaseaktivität (Laktase-Persistenz) im Zuge der vor gut 7.500 Jahren Fuß fassenden Milchwirtschaft im östlichen Mitteleuropa entstanden (Quelle: Apotheken-Umschau). Bei Populationen, die seit längerer Zeit Milchwirtschaft betreiben, hat sich eine Mutation durchgesetzt, die dazu führt, dass über die Säugephase hinaus Laktase produziert wird. Sinkt der Laktasewert, gelangt ungespaltener Milchzucker beim Menschen bis in den Dickdarm, wo er von Darmbakterien aufgenommen und vergoren wird. Als Gärungsprodukte entstehen Laktat (Milchsäure) und die Gase Methan und Wasserstoff. Die Gase zusammen mit der osmotisch aktiven Milchsäure führen zu Darm- und Verdauungsprobleme. Verstopfungen oder Durchfall, schmerzhafte Blähungen, Übelkeit und ein Völlegefühl sind die Folge einer Milchzucker-Unverträglichkeit, unter der Betroffene individuell stark leiden.
Global gesehen spielt die Milchzucker-Unverträglichkeit in Europa und speziell in Deutschland eine relativ untergeordnete Rolle. Während in der Bundesrepublik circa 15 Prozent der erwachsenen Bevölkerung an der Laktoseintoleranz leiden, sind in anderen Teilen der Welt viel mehr Menschen betroffen: In Südostasien (98 Prozent) und in China (94 Prozent) ist die Intoleranz die Regel und nicht die Ausnahme. Insgesamt sind 75 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung laktoseintolerant.
Der Hinweis auf die erwachsene Bevölkerung ist insofern wichtig, da alle Säugetiere von der Geburt an das Enzym Laktase bilden können, um den Milchzucker verwertbar und verträglich zu spalten. Im Zuge der Milchentwöhnung sinkt auch die Aktivität der Laktase auf etwa fünf bis maximal zehn Prozent des Wertes zur Zeit der Geburt. In vielen Industrieländern hat sich hingegen mit der Zeit eine Laktasepersistenz entwickelt, die für eine höher bleibende Laktaseaktivität steht.
Ursachen, Symptome und Diagnose der Laktoseintoleranz
Die Ursachen von Laktoseintoleranz sind vielfältig, lassen sich aber in zwei Kategorien einteilen. Die Wissenschaft differenziert zwischen einer primären und sekundären Laktoseintoleranz. Die primäre Intoleranz wird als natürlicher Prozess angesehen, die die Entstehung des Verdauungsenzyms nach der Milchentwöhnung auf ein Minimum reduziert. Sehr selten hingegen wird der angeborene Laktasemangel diagnostiziert. Die Laktasebildung ist aufgrund eines Gendefekts von Geburt an stark eingeschränkt. Betroffene Säuglinge leiden von Geburt an unter starkem Durchfall. Während der primäre natürliche Laktasemangel medizinisch gesehen eine unbedenkliche Lebensmittelunverträglichkeit darstellt, kann eine Milchzucker-Unverträglichkeit auch im Zuge bestimmter Erkrankungen auftreten, vor allem des Darmes. Dann spricht man von einer sekundären, erworbenen Laktoseintoleranz. Ursachen können bakterielle oder virale Gastroenteritis – eine akute oder chronische Magenschleimhautentzündung -, generell chronische Darmerkrankungen, Alkoholmissbrauch, Mangelernährung, Dünndarmparasiten, Magenoperationen bis hin zu Magenentfernungen oder ein Lymphom. Auch in Folge einer Strahlen- oder Chemotherapie kann die Magenschleimhaut und/oder die Zellen des Dünndarms stark beschädigt werden, sodass die Lakatseproduktion beeinträchtigt werden kann. Die laktaseproduzierenden Zellen können besonders während der Kindheit in Folge einer Darmentzündung geschädigt werden, dass für eine Weile kein Milchzucker mehr vertragen wird. Mit Erholung des Dünndarms und der Magenschleimhaut verringern sich allerdings auch die Beschwerden. Nur in den seltensten Fällen kommt es zu einer lebenslangen Intoleranz.
Eine Milchzucker-Unverträglichkeit ist aufgrund der charakteristischen Symptome schnell diagnostiziert. In der Regel treten die Beschwerden bis dreißig Minuten nach dem Genuss von Milchprodukten auf. Es kommt zu hörbaren Darmgeräuschen sowie Gasbildung im Darm mit Blähbauch, Blähungen, Durchfall und Bauchkrämpfen. Übelkeit und Erbrechen sind seltenere Symptome. Ebenso wie Kopfschmerzen, Schwindel und eine generelle Abgeschlagenheit. Die Symptome variieren allerdings individuell sehr stark. Je nachdem wie viel Laktase im Darm gebildet wird sind die Beschwerden und Einschränkungen verschieden. Manche Betroffenen bemerken einen Laktasemangel gar nicht, andere reagieren schon auf kleine Mengen Milchzucker mit starken Bauchschmerzen und Verdauungsproblemen.
Ein Ernährungstagebuch liefert bei Verdacht auf eine Intoleranz erste Hinweise. Oft reicht schon eine eigenmächtige Ernährungsumstellung, um die Beschwerden zu stoppen. Auch der Arzt kann mittels eines Wasserstoffatemtest eine Unverträglichkeit testen. Ein Arztbesuch ist wichtig, um weitere Erkrankungen ausschließen zu können.
Gegen welche Lebensmittel richtet sich die Unverträglichkeit?
Bei Laktoseintoleranz wird der mit der Nahrung aufgenommene Milchzucker als Folge fehlender oder verminderter Produktion des Verdauungsenzyms Laktase nicht verdaut. Laktase ist notwendig, um den Milchzucker in die Einzelbestandteile Glukose und Galaktose zu spalten, die dann in das Blut gelangen. Bei mangelhafter Laktaseaktivität gelangt ungespaltener Milchzucker beim Menschen bis in den Dickdarm, wo er von Darmbakterien aufgenommen und vergoren wird. Die dabei entstehenden Gase führen unter anderem zu Blähungen, die osmotisch aktive Milchsäure zu einem Wassereinstrom in den Darm, was zu Durchfall führt. Der Körper reagiert auf alle Lebensmittel, die Milchzucker enthalten. Dabei gilt: Je länger ein Lebensmittel reift, umso mehr Laktose bleibt im jeweiligen Produkt enthalten. Um die Beschwerden einzudämmen, verzichten Menschen mit einer Laktoseintoleranz weitestgehend auf Milchprodukte. Allerdings ist es nicht immer offenkundig, in welchen Produkten Laktose enthalten ist. So sind beispielsweise auch Backwaren, Süßigkeiten, Fertigprodukte wie Kartoffelpüree, Gewürzmischungen, Wurstwaren oder sogar Medikamente bedenklich.
Diese sind jedoch unter anderem aufgrund des wertvollen Kalziumgehaltes ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung.
Alternative Produkte – auf den Genuss muss trotzdem nicht verzichtet werden
Die Folgen von Laktoseintoleranz sind Bauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Durchfall oder Übelkeit. Entsprechend verzichten betroffene Menschen weitestgehend auf Milchprodukte. Diese sind aber aufgrund ihres wertvollen Kalziumgehalts sowie den in Milchprodukten enthaltenen Spurenelementen wie Eisen, Vitaminen, und den Energieträgern wie Kohlenhydraten, Fetten und Eiweiß, ein wichtiger Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Aufgrund der weiten Verbreitung – etwa 75 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung hat eine Laktoseintoleranz – der Milchzucker-Unverträglichkeit, hat sich die Industrie längst auf die speziellen Ernährungsbedürfnisse der Zielgruppe eingestellt und bietet eine Vielzahl von laktosefreien Milchprodukten an. Von der Butter und der Milch über den Joghurt und Quark, Schmand und Sahne bis zur Schokolade und zum Pudding – der Handel bietet mittlerweile laktosefreie Produkte in allen Varianten an. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass ein Restgehalt an Laktose zulässig ist, auch wenn „laktosefrei“ auf der Verpackung steht. Für die meisten betroffenen Menschen reicht es allerdings aus, sich laktosearm zu ernähren – ein kompletter Verzicht ist kaum notwendig. Viele Produkte wie säuerlicher Naturjoghurt ohne Zusätze, Dickmilch, Kefir und bestimmte Käsesorten können verträglich sein, da zur Herstellung Lactobazillen und Propioni-Bakterien eingesetzt werden, die während der Reifung Milchzucker zu Milchsäure umsetzen. Lang gereifter Käse (Schnitt- und Hartkäse) ist praktisch laktosefrei.
Laktosefreier Käse: Eine Ausnahme? – Gorgonzola darf zum Beispiel verzehrt werden
Je länger ein Milchprodukt gereift ist, umso geringer ist sein natürlicher Laktosegehalt. Insbesondere Käse kann meist ohne Bedenken verzehrt werden. Da der Milchzucker während des Reifungsprozesses in Milchsäure umgewandelt wird, enthält gereifter Käse keine oder nur sehr geringe Anteile an Laktose. So ist Laktose in Hartkäse, dessen Reifezeit zwischen drei Monaten und drei Jahren liegt, vollständig abgebaut. Zu den Hartkäsesorten zählen unter anderem Emmentaler, Greyerzer, Cheddar, Bergkäse, Chester, Parmesan, Manchego, Grana Padano, Pecorino, Comte und Graviera.
Weichkäse reift zwar nur bis zu acht Wochen und enthält noch eine Restmenge an Milchzucker. Dieser kann aber von den meisten Menschen trotz Milchzucker-Unverträglichkeit gut verzehrt und umgebaut werden. Zu den Weichkäsesorten gehören Camembert, Brie, Romadur, Chaumes, Münster, Geramont, Blauschimmel- und Limburger Käse. Sie heißen Weichkäse, weil sie zu 50 Prozent aus Wasser bestehen – im Gegensatz zu Hartkäse, der höchstens auf einen Wassergehalt von 30 Prozent kommt und entsprechend „härter“ ist. Den Reifegrad des Weichkäses erkennt man gut an der Färbung und der Konsistenz des Kerns. Ein noch nicht oder kaum gereifter Weichkäse hat einen hellgelben bis weißen quarkartigen Kern.
Zwischen den Hart- und Weichkäsesorten liegen die Schnittkäsesorten, die meist unbedenklich sind. Vorsicht gilt allerdings bei den halbfesten Schnittsorten – je nach Reifegrad sollte auf diese Sorten verzichtet werden.
Frischkäse und Weichkäse sind die einzigen Sorten, die nicht reifen müssen. Ihr Laktosegehalt ist daher besonders hoch und die Sorten sollten bei einer Intoleranz nicht verzehrt werden.
Die italienische Blauschimmelkäsesorte Gorgonzola gehört zu den Weichkäsesorten und wird ausschließlich aus Kuhmilch hergestellt. Dennoch kann er bei einer Milchzucker-Unverträglichkeit genossen werden. Der Käse mit den charakteristischen Edelpilzkulturen (der Schimmel zerstört während der Reifung die Laktase) enthält 0,1 Gramm Laktose pro 100 Gramm Käse und kann gut verdaut werden, sofern keine absolute Unverträglichkeit gegeben ist.
Bei Schafskäse und auch Ziegenkäse werden zwar nicht so hohe Werte wie beim Doppelrahmkäse erreicht, es handelt sich jedoch immerhin noch um bis zu 2 Gramm Laktose auf 100 Gramm Käse. Wer unter der Laktose-Intoleranz leidet, sollte sich deshalb von den Sorten fernhalten. Allerdings gibt es auch laktosefreie Varianten, darüber informiert das Fachpersonal der Käsetheke.
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