Der zu Saisonbeginn aus Paderborn zum 1. FC Köln gekommene Trainer Steffen Baumgart hat seine Philosophie vom offensiven Pressing-Fußball der Mannschaft exzellent vermittelt. Erstaunlich dabei: Dasselbe Personal, das es 2021 unter Retter Friedhelm Funkel erst durch die Relegation zum Klassenerhalt schaffte, überzeugte durch zahlreiche gute Leistungen und kann nun sogar in Europa mitspielen. Bei zwei, drei unentschieden verlaufenen Partien hätte der Verein zudem durchaus auch als Sieger vom Platz gehen und somit noch das ein oder andere Pünktchen mehr auf dem Konto haben können.
Tiefpunkt der Saison war das 0:5 in Hoffenheim am achten Spieltag. Danach fanden die Geißböcke aber zu der Form, die sie durch eine sehr gute Rückrunde trug. Erklärungen dafür gibt es einige. Die letzten Heimduelle fanden wieder vor vollbesetzten Rängen statt. Das Publikum als zwölfter Mann ist im RheinEnergieSTADION eine feste Größe. Kölns Erzrivale Borussia Mönchengladbach konnte zweimal bezwungen werden. Dem 4:1 in der Domstadt folgte ein 3:1 am Niederrhein. Der 1. FC Köln schaffte es zudem auch, nach Rückständen Partien zu drehen.
Gute Entwicklung bei den meisten Spielern in Köln
Außerdem konnte sich unter Baumgart jeder Spieler weiterentwickeln und sich verbessern. Wohl bestes Beispiel ist dabei Rechtsverteidiger Benno Schmitz, der auch in der Offensive starke Akzente setzt und fünf Assists auf sein Konto gebucht hat. Anthony Modeste wurde vom Trainer mit dem Markenzeichen hellgraue Schiebermütze wieder stark geredet. Der Angreifer revanchierte sich mit Toren – am Ende standen 20 Treffer auf seinem Konto. Dazu kommen vier Vorlagen.
Der Torwartwechsel, der sich während der Saison vollzog, kam in erster Linie aufgrund einer Verletzung Timo Horns zustande. Ersatzmann Marvin Schwäbe machte seine Sache allerdings so gut, dass er von Baumgart nicht nur für den Rest der Saison zur neuen Nummer eins bestimmt wurde. Vielmehr hat der Trainer sich schon festgelegt, dass Schwäbe auch in der Saison 2022/23 die Nummer eins sein wird. Schwäbes Leistungen taten der Mannschaft ebenso gut wie das Formhoch von Salih Özcan, der inzwischen in der türkischen A-Nationalmannschaft debütierte.
Nachwuchsleistungszentrum wohl nicht auf Gleueler Wiese
Aber auch auf anderen Clubebenen des 1. FC Köln hat es Veränderungen gegeben. Alexander Wehrle, der zurück zum VfB Stuttgart wechselte, wurde durch Philipp Türoff ersetzt. Er verantwortet die finanziellen Geschicke des Vereins. Für die sportlichen Belange des Vereins ist seit dem 1. April 2022 Christian Keller zuständig, der von Jahn Regensburg an den Rhein wechselte.
Auf ihrer Agenda dürfte auch das Wort Nachwuchsleistungszentrum stehen. Die ursprüngliche Planung sah vor, dieses in unmittelbarer Nähe zum Geißbockheim auf der Gleueler Wiese zu bauen. Doch dieses Vorhaben ist unter die Räder der Kölner Politik geraten. Deren Vorschläge als Alternativen: Ein Grundstück in unmittelbarer Nachbarschaft zum geplanten Großmarkt in Marsdorf. Oder die Bebauung im Umfeld der Bezirkssportanlage Bocklemünd. Sicherlich ein Fingerzeig, der erkennen lässt, was der Stadtspitze eines der größten Markenzeichen der Rheinmetropole wert ist.
“Wenn wir es schaffen können, dann sollten wir es auch versuchen”
Bereits vor dem letzten Spieltag stand fest, dass der 1. FC Köln mitsamt seinem bekannten Logo Geißbock Hennes die neue Saison auch international angehen wird. Auch daran hat Steffen Baumgart seinen Anteil. Denn er verkündete selbstbewusst nach dem positiven Saisonverlauf Wochen zuvor die Teilnahme am Europapokal als das neue Ziel.
Frühere Trainer auch in anderen Vereinen waren froh, wenn sie das vorgegebene Ziel von 38 Punkten und damit den Verbleib in der Liga geschafft hatten. “Wenn wir es schaffen können, dann sollten wir es auch versuchen”, lautete hingegen die Marschrichtung des Trainers. Er pflanzte dem Team damit eine neue Mentalität eine und sorgte zudem auch rund ums Geißbockheim in Köln für frischen Wind.
Qualifikation für die Europa League Ziel des 1. FC Köln
Zwar stand am Ende nach zwei Niederlagen gegen Wolfsburg und in Stuttgart nur die Conference League auf der Kölner Erfolgsseite. Dennoch ist es finanziell lukrativ, auf europäischer Bühne mitzuspielen. Wer sich für die Gruppenphase der wertigeren Europa League qualifiziert, bekommt eine Startprämie von über 3,6 Millionen Euro. Jeder Sieg ist weitere 630.000 Euro wert. Als Gruppensieger würden weitere 1,1 Millionen Euro auf das Vereinskonto fließen.
Wichtiges Geld, das Köln für Neuverpflichtungen eingesetzt werden kann. Denn die sind nötig, um den Kader weiter zu verbessern. Die kommende Saison mit der Dreifachbelastung Liga, DFB- und Europapokal wird kräftezehrend. Auf der anderen Seite: Wer international im Geschäft ist, ist natürlich eine feine Adresse und hat Neuzugängen interessante Perspektiven zu bieten. Naja, und nicht zuletzt Steffen Baumgart ist ein Pfund, mit dem man wuchern kann.