Vor unserer neuen Stadtchefin kann man nur den Hut ziehen. Schon heute trat Kölns neue Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach dem Messerattentat vor gut einem Monat ihren Dienst an.
“Das ist ein guter Tag für Köln. Herzlich willkommen, Frau Oberbürgermeisterin!” Mit diesen Worten begrüßte Stadtsprecher Gregor Timmer seine neue Vorgesetzte und eröffnete damit die Pressekonferenz vor den zahlreich erschienenen Kollegen im Museum Ludwig. Neben ihm saß eine gut aufgelegte Henriette Reker, der man auf den ersten Blick nicht ansah, dass sie am 17. Oktober 2015, einen Tag vor der Kölner OB-Wahl, Opfer eines schrecklichen Messerattentats geworden war. “Ich freue mich, hier zu sein und ihnen zu begegnen”, sagte Henriette Reker und schaute dabei lächelnd in die Runde.
“Ich bin wieder da – von Tag zu Tag mehr da!”
Bevor die Journalisten ihre Fragen loswerden konnten, gab die neue Oberbürgermeisterin der Domstadt eine umfangreiche Stellungnahme ab. “Mein Bewusstsein für den eigenen Charakter hat das Attentat verstärkt und es hat meine Überzeugung noch gefestigt, neue Kölner Oberbürgermeisterin werden zu wollen”, erklärte Henriette Reker. “Ich bin wieder da – von Tag zu Tag mehr da!”
Der Heilungsprozess sei noch nicht ganz abgeschlossen, beschrieb die parteilose Politikerin ihren körperlichen Zustand. “Ich habe immer noch eine starke lokale Verletzung und jedes Mal, wenn ich einen Rettungswagen höre, kommt die Erinnerung hoch”, beschrieb sie ihren Alltag. Immer wieder nippte Henriette Reker einen kleinen Schluck Wasser während ihrer Rede. Das Schlucken fiel ihr noch ein wenig schwer, zwischendurch huste sie leicht, “aber das wird schon wieder. Dass ich überlebt habe, ist ein großes Glück!”
“Köln steht zusammen, Köln hält zusammen!”
Der 58-jährigen war es ein großes Bedürfnis, endlich einige öffentliche Danksagungen loszuwerden. “Vielen Dank an alle, die Briefe, E-Mails, SMS, Blumen und vieles mehr geschickt haben. Das alles hat mir sehr geholfen und es hat mich stolz gemacht! Und weiter: “Köln hat in dieser Stunde mal wieder sein wahres Gesicht gezeigt: Köln steht zusammen, Köln hält zusammen!” In diesem Zusammenhang betonte die Politikerin auch noch mal die Beweggründe ihres nicht selbstverständlichen Amtsantritts. “Es war nicht nur Pflichterfüllung, die mich dazu bewogen hat, sondern auch meine Leidenschaft für Köln. Die Flamme brennt weiter und ist nach dem Attentat noch größer geworden!”
Umgestaltung der Verwaltung hat begonnen
Offizieller Amtsantritt von Kölns neuer Oberbürgermeisterin ist voraussichtlich der 15. Dezember 2015. Das Erstinformationsrecht werde sie der Politik gewähren, betonte Henriette Reker, aber einige, wenn auch bereits bekannte, Stichpunkte wollte sie dann doch nochmal wiederholen: “Ich werbe für einen neuen Politikstil und möchte aus dem politischen Blockdenken herausfinden. Klar könnte ich auch mit großen Mehrheiten arbeiten, das ist bequemer, aber nicht unbedingt besser für die Bürgerinnen und Bürger”, so die neue Rathauschefin.
Mit der Umgestaltung der Verwaltung habe sie auch schon begonnen, sagte die 58-jährige mit einem Augenzwinkern. Immer wieder überraschte sie das Publikum mit ihrer Schlagfertigkeit, gepaart mit Charme und Witz, als sei nie etwas gewesen. So schloss sie die Pressekonferenz mit den viel versprechenden Worten: “Ich habe noch Probleme beim Schlucken, aber ich schlucke nicht alles!”
Hat Henriette Reker nun Angst vor öffentlichen Auftritten?
Während der Fragerunde mit den regionalen und überregionalen Medien kamen einige Details der schrecklichen Vorkommnisse am 17. Oktober auf einem Markt in Braunsfeld auf den Tisch. “Ich habe alles realisiert, war keine Sekunde bewusstlos”, so erinnerte sich Henriette Reker an das Messerattentat. “Ich hatte keine Todesangst, aber Sorge, dass ich gelähmt sein werde.”
Der Täter habe ihr mit dem Messer in den Hals gestoßen, dabei die Luftröhre durchgeschnitten sowie den ersten Trachealwirbel gespalten. Das Schlimmste für sie sei gewesen, dass sie der Täter während des Attentats ganz freundlich angesehen habe. Ob sie jetzt Angst vor öffentlichen Auftritten habe, wollte eine Journalistin wissen.
“Ich schrecke nicht davor zurück, wenn mir jemand die Hand gibt. Ich werde genauso unbefangen sein wie vorher”, antwortete Henriette Reker, denn “die Kölner Polizei passt gut auf mich auf!” Für die zukünftige Sicherheit und das Leben in Köln gab sie den Anwesenden folgenden Appell mit auf den Weg: “Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir unseren Lebensstil nicht ändern sollten. Und ich kann nur jeden ermuntern, sein Leben so weiterzuführen wie bisher!”